/ 12.06.2013
Joachim Riedl
Der Wende-Kanzler. Die unerschütterliche Beharrlichkeit des Wolfgang Schüssel. Ein biographischer Essay
Wien: Czernin Verlag 2001; 110 S.; geb., 14,57 €; ISBN 3-7076-0042-4Riedl, seit 1998 Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitschrift "Format", unternimmt den Versuch, "sich einer Person zu nähern, die im vergangenen Jahr Österreich eine der größten Veränderungen der Nachkriegszeit beschert hat" (9). Dabei scheint zwischen den Schilderungen des Politikers Schüssel, dem ersten konservativen Bundeskanzler Österreichs seit drei Jahrzehnten, auch immer wieder allzu Menschliches hindurch. Vom Kritzeln skurriler "Schalkmännchen" (16), von der nicht gerade legendär...
Joachim Riedl
Der Wende-Kanzler. Die unerschütterliche Beharrlichkeit des Wolfgang Schüssel. Ein biographischer Essay
Wien: Czernin Verlag 2001; 110 S.; geb., 14,57 €; ISBN 3-7076-0042-4Riedl, seit 1998 Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitschrift "Format", unternimmt den Versuch, "sich einer Person zu nähern, die im vergangenen Jahr Österreich eine der größten Veränderungen der Nachkriegszeit beschert hat" (9). Dabei scheint zwischen den Schilderungen des Politikers Schüssel, dem ersten konservativen Bundeskanzler Österreichs seit drei Jahrzehnten, auch immer wieder allzu Menschliches hindurch. Vom Kritzeln skurriler "Schalkmännchen" (16), von der nicht gerade legendären Arbeitswut des neuen Regierungschefs (17), von der "Kunst des politischen Feilschens" (28 f.) eines brillianten Taktikers, von seiner "megalomanen Selbsteinschätzung" und intellektuellen Eitelkeit (29 f.) ist hier zu lesen, und ebenso von der Beziehung zu seinem Koalitionspartner Jörg Haider und der FPÖ. Auch von Schüssels Weg nach oben, angefangen von dem Freundeskreis aus der Katholischen Studierenden Jugend über die Zeit als Wirtschaftsminister bis zu dem Bruch mit seinem Amtsvorgänger und Freund aus jenen Tagen, Erhard Busek, erzählt der Essay. Und schließlich: von jener Strategie, die den "ewigen Zweiten" an die Spitze der österreichischen Bundesregierung gebracht hat.
Der Essay entstand ohne Mitwirkung oder Autorisation durch Schüssel, bezieht sich aber laut Riedl "auf eine große Zahl von Hintergrundgesprächen mit Ohren- und Augenzeugen von Wolfgang Schüssels Karriere". Er zeugt zunächst und in jedem Fall aufseiten des Autors von einem veritablen Sinn für die psychologische Dimension der Politik und nicht zuletzt für einen feinsinnigen Umgang mit Sprache. Bei alledem gewinnt man zudem den sicheren Eindruck, dass Riedl seinem eigenen Anspruch gerecht geworden ist, "aus subjektiver Sicht, einer außergewöhnlichen Politikerpersönlichkeit näher zu treten" (9). Inwieweit dieser Essay darüber hinaus auch Wolfgang Schüssel gerecht zu werden vermag, soll dahingestellt bleiben. Immerhin - er öffnet Deutungsperspektiven.
Inhalt: I. Das Kanzlerspiel; II. Das Kanzlergambit; III. Die Kanzlerstrategie.
Leslie Piert (LP)
Rubrizierung: 2.4 | 2.24
Empfohlene Zitierweise: Leslie Piert, Rezension zu: Joachim Riedl: Der Wende-Kanzler. Wien: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/13600-der-wende-kanzler_16294, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 16294
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