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/ 11.06.2013
Klaus Ottomeyer

Die Haider-Show. Zur Psychopolitik der FPÖ

Klagenfurt: Drava 2000; 127 S.; ISBN 3-85435-337-5
Ottomeyer geht von drei wesentlichen Rollen aus, in denen der ehemalige Bundesparteiobmann der FPÖ, Jörg Haider, Teile der österreichischen Gesellschaft verführt hat: als Robin Hood, als attraktiver Sportler und umschwärmter Mann und schließlich als "Bierzelt-Sozialist" (51). Hinter diesen vordergründigen Rollen sieht der Autor eine rechtsextreme Hintergrundfigur, der es um die Rehabilitierung der Kriegsgeneration geht (61 ff.) und die - wann immer sie sich zu deutlich offenbart - mit Lügen und ...
Klaus Ottomeyer

Die Haider-Show. Zur Psychopolitik der FPÖ

Klagenfurt: Drava 2000; 127 S.; brosch., 27,- DM; ISBN 3-85435-337-5
Ottomeyer geht von drei wesentlichen Rollen aus, in denen der ehemalige Bundesparteiobmann der FPÖ, Jörg Haider, Teile der österreichischen Gesellschaft verführt hat: als Robin Hood, als attraktiver Sportler und umschwärmter Mann und schließlich als "Bierzelt-Sozialist" (51). Hinter diesen vordergründigen Rollen sieht der Autor eine rechtsextreme Hintergrundfigur, der es um die Rehabilitierung der Kriegsgeneration geht (61 ff.) und die - wann immer sie sich zu deutlich offenbart - mit Lügen und "folgenlosen Dementis" (Franz Januschek) verschleiert wird. Durch diese Strukturierung gelingt es Ottomeyer, Wirkungsmechanismen der freiheitlichen Politik unter Haider herauszuarbeiten und anschaulich darzustellen. Dies geschieht mit einer ebenso sensiblen wie unaufgeregten und überzeugenden Klarheit, sodass man geneigt ist, dem Autor manche etwas frei in den Raum gestellte Mutmaßung nachzusehen. Hier sei etwa die konstatierte "Bösartigkeit hinter den unterhaltsamen Haider-Inszenierungen" (9) genannt oder die Vermutung, dass der CSU-Landesgruppenchef Glos in Erich Böhmes "Talk in Berlin" Haiders Charme deswegen nicht erlag, weil seine "Nähe- und Identifizierungswünsche [...] immer noch voll und ganz durch die posthume Bindung an das Idol Franz-Josef Strauss abgedeckt werden" (50). Gewisse Widersprüche fallen auf: So wird das Haidersche Dementi, das auf verbale Angriffe folgt, einmal als Strategie gewertet, um den rechtsextremen Hintergrund Haiders zu verdecken (74 f.), ein anderes Mal aber als Ausdruck seines Gewissens verstanden (111). Insgesamt legt Ottomeyer hier aber eine auch politikwissenschaftlich wertvolle psychologische Studie über Wirkungsweise und Wirkungserfolg der politischen Kommunikation der FPÖ vor, die ihre Qualität ebenfalls durch den weiten Informationshintergrund des Autors gewinnt, der von Siegmund Freud sowie Margarete und Alexander Mitscherlich über Albert Speer bis hin zu Max Weber und Ernst Bloch reicht. Das Buch ist nicht zuletzt deshalb so glaubwürdig, weil der Autor in seiner stringenten Analyse der soziopsychologischen und soziopolitischen Gegebenheiten seine Perspektive offen genug lässt, um Missstände auch in der Politik der beiden Traditionsparteien SPÖ und ÖVP aufzuzeigen (10 f.) und hierin eine aus psychologischer Sicht verständliche Basis für den Erfolg der Haiderschen FPÖ zu sehen. Inhalt: 1. Robin Hood in Österreich; 2. Der männliche Sportler und die Erotisierung der Politik; 3. Der Bierzelt-Sozialist und die symbolische Überwindung der Klassengesellschaft; 4. Der das Erbe antritt - die stabile Identifizierung mit der "Kriegsgeneration"; 5. Folgenloses Dementi und Lügen, bis sich die Balken biegen; 6. Rassistische Diskriminierung: Vom "Buschneger" und "zukünftigen Mördern unserer Kinder"; 7. Kolig-Affäre und Kinderschänder-Kampagne - Der Missbrauch des Missbrauchs; 8. Doch ein Gewissen?; 9. Wann hat der Spuk ein Ende?
Leslie Piert (LP)
Rubrizierung: 2.4 Empfohlene Zitierweise: Leslie Piert, Rezension zu: Klaus Ottomeyer: Die Haider-Show. Klagenfurt: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/13041-die-haider-show_15629, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 15629 Rezension drucken
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