Obschon post-strukturalistische Perspektiven heute unstrittig zum aktuellen Repertoire des sozial- und kulturwissenschaftlichen Theorieangebots zählen, stößt dieser französische "Import" in Teilen der deutschen Debatte immer noch auf Vorbehalte politischer ("Konservatismus") oder theoretischer Art ("Irrationalismus"). Das verweist - wie diese Monographie überzeugend belegt - auf Charakteristika der (west-)deutschen Rezeptionsgeschichte, die zugleich eine der Transformation kritischer beziehungsweise marxistischer Ansätze darstellt. Der Transfer des französischen Denkens nach Westdeutschland - so die zentrale These dieser intellektuellen- und wissenssoziologischen Studie - hat "Verschiebungen und Neuordnungen innerhalb des intellektuellen Feldes" ausgelöst (9), in deren Folge die "kritische Intelligenz in Deutschland [...] seit den 80er-Jahren nicht zwei-, sondern mindestens dreigeteilt" ist (15). Diese Aufspaltung verlief über zwei Rezeptionsphasen, die sich zunächst in den 60er- und 70er-Jahren als marxistisch dominierte Kritik des Strukturalismus vollzog (49 ff.) und in den 80er-Jahren - unter dem prägenden Einfluss von Habermas - zu einer differenzierteren Auseinandersetzung mit dem sich auffächernden Spektrum post-strukturalistischer und post-moderner Positionen führte (147 ff.). In dem neu formierten Intellektuellenfeld haben jetzt - neben den Anhängern einer kommunikationstheoretisch begründeten Gesellschaftstheorie sowie den Verfechtern der älteren Kritischen Theorie - auch diejenigen eine vernehmbare Stimme, die an die dekonstruktivistischen Intentionen von Foucault, Lyotard oder Derrida anschließen (243 ff.). Inhalt: I. Der französische Strukturalismus und seine Abgrenzungen: 1. Die Kritik des französischen Strukturalismus; 2. Die Auseinandersetzung zwischen Lévi-Strauss und Sartre. II. Neue versus alte Linke. Die westdeutsche Strukturalismus-Rezeption in den 70er Jahren: 1. Kritik und Abwehr des strukturalistischen Angriffs auf Marxismus, Subjekt und Geschichte; 2. Publikation und enthusiastische Rezeption des Strukturalismus; 3. Neue Philosophie und Strukturalismus als Anstoß der Kritik des Marxismus und der Vorwurf des Irrationalismus; 4. Von Marx zu Nietzsche. Die Kritik des Marxschen Wirklichkeitsbegriffs; 5. Eine andere Ökonomie. Zur Rezeption des Batailleschen Denkens; 6. Diskontinuität des Diskurses und Dezentrierung des Wunsches. Foucault und Deleuze. III. Die Zukunft der Vernunft. Diskussion um Moderne und Postmoderne in den 80er Jahren: 1. Habermas' Projekt der Moderne und die Kritik des poststrukturalistischen Irrationalismus; 2. Eine andere Fortsetzung der Vernunftkritik: Das Niemandsland der Kritik; 3. Geistergespräche um die Einheit der Vernunft und die Vielfalt postmodernen Wissens; 4. Posthistoire und postmoderne Medientheorie; 5. Das Verschwinden der Kritik im Sog der Simulation; 6. Gerechtigkeit, Sprache und das Unbestimmbare des Politischen.