Skip to main content
/ 12.06.2013
Laura D. von Mandach

Recht und Gewalt. Eine empirische Untersuchung zur Strafverfolgung in Brasilien

Saarbrücken: Verlag für Entwicklungspolitik 2000 (Forschungen zu Lateinamerika 37); X, 290 S.; kart., 26,59 €; ISBN 3-88156-734-8
Diss. phil. Zürich; Gutachter: V. Bornschier. - Die politische Öffnung in Brasilien nach 1985 ging nicht mit einer deutlich verbesserten Einbindung der Menschenrechte einher. Das Verschwindenlassen von Personen, Folter, Haft ohne Anklage und extralegale Exekutionen sind weiterhin die Tatbestände der staatlichen Gewaltanwendung. "Gewalt wird in Brasilien zu einem gewichtigen Teil von staatlichen Vollzugsbeamten ausgeübt. Menschenrechtsorganisationen prangern seit langem die brasilianischen Missst...
Laura D. von Mandach

Recht und Gewalt. Eine empirische Untersuchung zur Strafverfolgung in Brasilien

Saarbrücken: Verlag für Entwicklungspolitik 2000 (Forschungen zu Lateinamerika 37); X, 290 S.; kart., 26,59 €; ISBN 3-88156-734-8
Diss. phil. Zürich; Gutachter: V. Bornschier. - Die politische Öffnung in Brasilien nach 1985 ging nicht mit einer deutlich verbesserten Einbindung der Menschenrechte einher. Das Verschwindenlassen von Personen, Folter, Haft ohne Anklage und extralegale Exekutionen sind weiterhin die Tatbestände der staatlichen Gewaltanwendung. "Gewalt wird in Brasilien zu einem gewichtigen Teil von staatlichen Vollzugsbeamten ausgeübt. Menschenrechtsorganisationen prangern seit langem die brasilianischen Missstände an, insbesondere die Straflosigkeit der Gewalttäter." (1) Solide strukturiert untersucht von Mandach die Frage nach der Kontinuität des staatlichen Rückgriffs auf die Ordnungsressource "Gewalt". Durch das Zusammenführen einer makro- und mikrosoziologischen Ebene, das einerseits Gewaltanwendung als staatliche Ressource konzeptualisiert und andererseits die Aussagen der interviewten Vertreter der Militärpolizei, Zivilpolizei, Staatsanwaltschaft und Richterschaft interpretiert, entwickelt die Autorin eine überzeugende Argumentation. Das Phänomen, dass die staatliche Gewalt überwiegend von Polizeibeamten ausgeübt wird, verdeutlicht den Fortbestand der militarisierten Sicherheitspolitik in Brasilien. Zudem erschweren der ungleiche Zugang zur Justiz und die partikularistische Anwendung des Gesetzes rechtsstaatliche Verfahren. Das Problem sei, so von Mandach, nicht der Mangel an rechtlichen Grundlagen demokratischer Rechtstaatlichkeit, sondern dass sich im hybriden sozialen System Brasiliens unterschiedliche Prinzipien vereinbaren lassen und damit die staatlichen Akteure die Möglichkeit haben, je nach sozialer Situation und Status der Betroffenen "auf eine der disponiblen Rechtsschubladen zurückzugreifen" (255). Aus dem Inhalt: I. Theoretische Anmerkungen zum brasilianischen Staatsapparat; II. Staatliche Gewaltanwendung als Ordnungsressource; IV. Das brasilianische Strafverfolgungsmodell; V. Die brasilianische Strafrechtspraxis; VI. Staatliche Gewalt ausserhalb des Strafverfahrens.
Wilhelm Johann Siemers (SIE)
Dipl.-Politologe, Journalist, Redakteur der Sprachlernzeitschrift vitamin de, Florenz.
Rubrizierung: 2.65 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Johann Siemers, Rezension zu: Laura D. von Mandach: Recht und Gewalt. Saarbrücken: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/13842-recht-und-gewalt_16592, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 16592 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA