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/ 11.06.2013
Frances Stonor Saunders

Wer die Zeche zahlt ... Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg. Aus dem Englischen von Markus P. Schupfner

Berlin: Siedler Verlag 2001; 478 S.; Ln., 25,51 €; ISBN 3-88680-695-2
Im Jahr 2000 fand unter großem publizistischem Interesse der fünfzigste Jahrestag der Gründung des "Kongresses für kulturelle Freiheit", einem Netzwerk führender europäischer Intellektueller, statt. Bis zu einem gewissen Grad war dieses Interesse auch durch das kurz zuvor erschienene und viel beachtete Werk "Who paid the piper?" der Autorin verursacht, welches nun in deutscher Übersetzung vorliegt. Den Recherchen von Saunders zufolge wurde der "Kongress" von seinen Anfängen an durch den amerikan...
Frances Stonor Saunders

Wer die Zeche zahlt ... Der CIA und die Kultur im Kalten Krieg. Aus dem Englischen von Markus P. Schupfner

Berlin: Siedler Verlag 2001; 478 S.; Ln., 25,51 €; ISBN 3-88680-695-2
Im Jahr 2000 fand unter großem publizistischem Interesse der fünfzigste Jahrestag der Gründung des "Kongresses für kulturelle Freiheit", einem Netzwerk führender europäischer Intellektueller, statt. Bis zu einem gewissen Grad war dieses Interesse auch durch das kurz zuvor erschienene und viel beachtete Werk "Who paid the piper?" der Autorin verursacht, welches nun in deutscher Übersetzung vorliegt. Den Recherchen von Saunders zufolge wurde der "Kongress" von seinen Anfängen an durch den amerikanischen Geheimdienst CIA konzipiert und betrieben, ganz gemäß der Vorgabe, dass der Kalte Krieg auch auf kulturellem Feld geführt werden müsse. Es war der Auftrag des "Kongresses", "der westeuropäischen Intelligenz allmählich ihre latente Sympathie für Marxismus und Kommunismus auszutreiben, um sie so nach und nach an den American Way heranzuführen" (13). Der Geheimdienst bediente sich dabei nicht plumper Propaganda, sondern setzte auf die gemäßigte Linke, die es gegen marxistischen Dogmatismus zu stärken galt. In seinen besten Zeiten betrieb der "Kongress" Außenstellen in 35 Ländern und publizierte eine ganze Reihe von Zeitschriften, unter anderem "Der Monat" in Deutschland, "Encounter" in London und "Preuves" in Paris, darüber hinaus erhielt das "Forum" von Friedrich Torberg in Wien finanzielle Unterstützung. Künstler und Intellektuelle wie Jackson Pollock, George Orwell oder Arthur Koestler wurden gefördert und kulturelle Ereignisse wie das Boston Symphony Orchestra oder Sammlungen des New Yorker Museum of Modern Art mit Unterstützung des "Kongresses" auf Reise durch Europa geschickt. Saunders stellt dar, wie die stimmgewaltigsten und einflussreichsten Mitglieder der westlichen intellektuellen Elite durch den Geheimdienst mit oder ohne deren Wissen in einen kulturellen Feldzug geschickt wurden. Die durchaus kurzweilige und sehr detailreiche Studie erweckt nach einiger Zeit den Eindruck, als sei das gesamte westliche Kulturleben von der CIA unterwandert und instrumentalisiert gewesen. Inwieweit die Quellen der Autorin ihre Ausführungen jedoch unterstützen, bleibt an vielen Stellen offen. Zwar hatte sie großzügigen Zugang zu amerikanischen Regierungsdokumenten und führte eine Vielzahl von Interviews, doch die eigentlich interessanten Dokumente der CIA blieben ihr verwehrt. Somit bleibt es trotz einer Fülle an angeführten Belegen oftmals unklar, wie stark einzelne Beteiligte involviert und vor allen Dingen ob sie wissentlich oder unwissentlich an den Aktivitäten der CIA beteiligt waren. Für solch eindeutige Schlüsse auf die "Käuflichkeit" der Intellektuellen verschwimmen viele der Beweise im Nebel ihrer Argumentation.
Stefan Göhlert (SG)
M. A., Politikwissenschaftler, Protokollchef und Bürgerbeauftragter in der Verwaltung der Stadt Jena.
Rubrizierung: 2.644.22 Empfohlene Zitierweise: Stefan Göhlert, Rezension zu: Frances Stonor Saunders: Wer die Zeche zahlt ... Berlin: 2001, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/12598-wer-die-zeche-zahlt-_15059, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 15059 Rezension drucken
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