Skip to main content
/ 11.06.2013
Gernot Heiss / Alena Mísková / Jirí Pesek / Oliver Rathkolb (Hrsg.)

An der Bruchlinie/Na rozhraní svetu. Österreich und die Tschechoslowakei nach 1945/Rakousko a Ceskoslovensko po 1945

Innsbruck/Wien: Studien Verlag 1998; 478 S.; 40,80 DM; ISBN 3-7065-1345-5
Ein Großteil der 1995 in einer Ringvorlesung in Wien und Prag gehaltenen Referate zur Geschichte Österreichs und der Tschechoslowakei nach 1945 bilden den Kern des zweisprachigen deutsch-tschechischen Sammelbandes. Er verdeutlicht, daß weder in der Tschechoslowakei noch in Österreich das Jahr 1945 politisch, kulturell oder ideologisch die Stunde Null war. Aufmerksam arbeiten die HistorikerInnen Gemeinsamkeiten und Parallelen heraus, verweisen aber gleichwohl auf die daraus resultierende unterschiedliche Entwicklung: Beim Aufbau der Demokratie griffen beide Länder einerseits auf ihre Tradition der Ersten Republik zurück, aber andererseits wurde durch die Ausschaltung von Politikern und Parteien die demokratische Basis eingeschränkt. "Während das in der Tschechoslowakei ein Schritt weg von der Demokratie hin zur Machtübernahme der Kommunisten war, konnte sich in Österreich daraus ein System konsensualer Demokratie entwickeln" (11). In der historischen Wahl vom 25. November 1945 entschied sich Österreich gegen den Kommunismus und bereitete damit die Entwicklung seiner Westintegration vor. Die Tschechoslowakei hingegen blieb außenpolitisch durch die UdSSR eingeschränkt. Mit der Ablehnung der Teilnahme am Marshallplan "dürfte die letzte Möglichkeit eines Widerstandes gegen Stalins Diktat, die letzte Chance, die Machtübernahme der Kommunisten doch noch zu verhindern, vergeben worden sein" (7). Damit tritt ein weiterer, meist verdrängter Aspekt des Marshallplans in den Vordergrund - nämlich die endgültige Spaltung Ostmitteleuropas. Die österreichisch-tschechoslowakische Grenze war ein Teil dieser Bruchlinie der europäischen Teilung im Kalten Krieg. Inhalt: Oldrich Tuma: Die Grenzen der tschechoslowakischen Außenpolitik nach dem Zweiten Weltkrieg am Beispiel des Marshallplans (17-26); Jirí Kocian: Die politischen Parteien in der Tschechoslowakei in den Jahren 1945-1948 (27-41); Jaroslav Kucera: Auf dem Weg zu einem Nationalstaat. Tschechen und Deutsche in der Nachkriegstschechoslowakei (43-58); Alice Teichova: Die Grenzen der Planwirtschaft in der Tschechoslowakei (59-76); Jirí Pesek: Kontinuität und Diskontinuität in der tschechischen Kultur 1945-1965 (77-102); Alena Mísková: Kontinuität und Diskontinuität in der tschechoslowakischen Wissenschaft. Akademie und gelehrte Gesellschaft 1945-1992 (103-112); Ernst Hanisch: Historische Konstellationen des Jahres 1945 in Österreich (113-124); Robert Knight: Die Regierung Renner und die österreichische Souveränität (125-138); Anton Pelinka: Von der Versäulung zur Diversifizierung der politischen Parteien in Österreich (139-154); Oliver Rathkolb: Zentrale Trends in der österreichischen Außenpolitik nach 1945 (155-174); Andrea Komlosy: Wirtschaftsaufbau - Optionen und Rahmenbedingungen (175-191); Emmerich Talos: Sozialstaat - ein schillerndes Erbe. Kontinuität oder Neubeginn 1945? (193-204); Ingrid Bauer: Odysseus, Penelope und die "Besatzungsbraut". Anmerkungen zum Verhältnis der Geschlechter im Nachkriegsjahrzehnt (205-215); Brigitte Baller: "Wiedergutmachung" in Österreich (217-232); Gernot Heiss: Der Konsens und sein Preis: zur Identitätskonstruktion in Österreich nach 1945 (233-255).
Wilhelm Johann Siemers (Sie)
Dipl.-Politologe, Journalist, Redakteur der Sprachlernzeitschrift vitamin de, Florenz.
Rubrizierung: 2.42.62 Empfohlene Zitierweise: Wilhelm Johann Siemers, Rezension zu: Gernot Heiss / Alena Mísková / Jirí Pesek / Oliver Rathkolb (Hrsg.): An der Bruchlinie/Na rozhraní svetu. Innsbruck/Wien: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/10111-an-der-bruchliniena-rozhran-svetu_11957, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 11957 Rezension drucken
CC-BY-NC-SA