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/ 11.06.2013
Ursula Prutsch (Hrsg.)

Arbeit als Machtinstrument. Soziale, ökonomische und kulturelle Auswirkungen in Lateinamerika. Jahrbuch des Österreichischen Lateinamerika-Instituts

Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel 2000 (¡Atención! 3); 190 S.; pb., 29,80 DM; ISBN 3-86099-184-1
Das Buch ist im Rahmen einer Ringvorlesung der Universität Wien im Wintersemester 1998/1999 entstanden. Hier gehen deutsche, österreichische wie auch lateinamerikanische Forscher der Frage nach, welche historischen und ökonomischen Pfade die heutige Entwicklung prägen. In Anlehnung an die Dependenztheorie versuchen sie eine Linie zu ziehen: Die koloniale Ausbeutung habe bereits das Fundament für die gegenwärtige globale kapitalistische Ökonomie gelegt. Ein nicht mehr ganz neuer Ansatz. Wer dennoch die Geschichte der Arbeitswelt und ihrer Beziehungen in Lateinamerika verstehen möchte, kann in dieser Aufsatzsammlung einige interessante Beiträge finden. Ausführlich erläutert wird der Befund, dass die Arbeitsgesellschaften in den sogenannten Zentren und Peripherien stark voneinander divergieren. In den Zentren, damit sind die OECD-Staaten gemeint, sind die Arbeitsmärkte noch geschützt. In den Peripherien, hier insbesondere Lateinamerika, nahmen dagegen instabile, informelle Arbeitsbeziehungen überhand. Der Dualismus "formell/informell" wird jedoch der vielschichtigen und verflochtenen Erwerbs- und Beschäftigungsdynamik in Lateinamerika nicht gerecht, denn er beschreibt die Realität nur ungenau. Mit dem seit den 80er-Jahren einsetzenden Rückzug des Staates als dominanter wirtschaftlicher und politischer Akteur in der Region, ist es aus politikwissenschaftlicher Perspektive interessant zu sehen, wie hier die Entwicklungslinien verlaufen. Die ursprünglich in den 30er- und 40er-Jahren installierten korporativen Regime waren der Versuch, die entstehenden Arbeiterbewegungen in die korporativen Strukturen einzubinden und eine nationale Entwicklungsstrategie einzuleiten. Dieses Verhältnis blieb über Zeiträume hinweg sehr dynamisch. So unterstützten Unternehmer die Machtergreifung der Militärs in den 60er-Jahren. Am aktivsten geschah dies beim Putsch gegen die sozialistische Regierung in Chile 1973. Die Demokratisierungsprozesse in Lateinamerika seit Ende der 70er-Jahre wurden wiederum von den privaten Unternehmen getragen. Nicht ganz uneigennützig ging es darum, sich von der staatlichen Umklammerung zu lösen und damit auch Zweckbündnisse mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren einzugehen. Als eigenständige politische Akteure sind die Unternehmensverbände, wie auch die Gewerkschaften erst seit den 80er-Jahren wahrnehmbar. Mit dem damals schon einsetzenden neoliberalen Paradigmenwechsel, erfährt die Unternehmerschaft mehr Unterstützung als die Arbeitnehmerseite. Inhalt: Ursula Prutsch: Arbeit als Machtinstrument in Lateinamerika; El trabajo como instrumento de poder en América Latina (7-31); Renate Pieper: Arbeiten im Berg. Arbeiter und Arbeitsbedingungen im kolonialen Bergbau Hispanoamerikas (32-40); Andreas Hofbauer: Sklaverei und Rassismus in Brasilien (41-54); Walther L. Bernecker: Europäische Auswanderung nach Lateinamerika: das 19. und frühe 20. Jahrhundert (55-73); Francisco Lizcano Fernández: Subsistemas, sectores y estratos en Iberoamérica (74-88); Peter Birle: Arbeitsbeziehungen in Südamerika: Zwischen Tradition und Reform (89-107); Wolfgang Heinz: Kokaanbau und Drogenpolitik am Beispiel Boliviens und Kolumbiens (108-124); Gerrit Köster: Partizipation als Machtinstrument (125-141); Christof Parnreiter: Grenz-Gänger: Über die Probleme der USA, Immigration aus Mexiko zu kontrollieren (142-163); Emma Zapata / Austreberta Nazar: Género: Permanencia y migración en tres comunidades de la región fronteriza de Chiapas y Guatemala (163-179); Leo Gabriel: Moderne Sklaverei: Die Arbeit in den Maquila-Betrieben als Folge des neoliberalen Umbaus (180-188).
Tetyana Lutsyk (TL)
Lizentiat der Internationalen Wirtschaftsbeziehungen (lic. oec. int.), Doktorandin, wiss. Mitarbeiterin, Institut für Wirtschaftspolitik, Universität Leipzig.
Rubrizierung: 2.652.23 Empfohlene Zitierweise: Tetyana Lutsyk, Rezension zu: Ursula Prutsch (Hrsg.): Arbeit als Machtinstrument. Frankfurt a. M.: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/10517-arbeit-als-machtinstrument_12431, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 12431 Rezension drucken
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