Zum Jubiläum des „Epochenjahrs“ fand in Leipzig die internationale Konferenz „1989 in a Global Perspective“ statt. Sie wurde von verschiedenen dort ansässigen Forschungs- und Studieneinrichtungen wie dem Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig veranstaltet. Der Eröffnungsvortrag liegt nun gedruckt vor. Der langjährige deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher weist darin auf einige Entwicklungslinien der internationalen Politik seit 1945/49 bis in die Gegenwart hin. Er unterteilt die Zeit des Kalten Krieges in zwei jeweils etwa 20-jährige Phasen: eine erste der Stabilisierung der beiden Machtblöcke unter Führung der USA und der Sowjetunion sowie eine zweite der dynamischen politischen Entwicklungen – ausgehend vom Harmel-Bericht und dem Helsinki-Prozess, hin zum Umbruch von 1989. Dessen Erfolg führt Genscher einerseits auf die Schaffung der entsprechenden Rahmenbedingungen durch den Westen, anderseits und in der Hauptsache auf den Freiheitswillen der Bewohner des Ostens zurück. Dem Vortragstext ist eine Einführung des Leipziger Historikers Frank Hadler vorangestellt, er betont die herausgehobene Stellung Ostmitteleuropas in den Überlegungen Genschers. Dessen ebenfalls in den Band aufgenommene Antworten auf Fragen aus dem Publikum sind dann stärker von persönlichen Erfahrungen aus der Akteursperspektive geprägt und mit Anekdoten versetzt. Hier werden beispielsweise das Verhältnis von Michail Gorbatschow zu Eduard Schewardnadse und die angeblich bestehende, von Genscher entschieden verneinte Möglichkeit einer deutschen Wiedervereinigung unter Einschluss der ehemaligen Ostgebiete behandelt. Hier wie in der ganzen Broschüre finden sich einige interessante Einblicke in die Schwierigkeiten und Herausforderungen bei der Lösung der deutschen Frage. Ob dies den recht stolzen Preis von immerhin 12 Euro bei einer Broschüre von 32 Seiten rechtfertigt, kann indes bezweifelt werden. Eine Onlineveröffentlichung wäre für eine weitere Verbreitung vielleicht sinnvoller gewesen.