Für Armut, Hunger, "Umwelt"-Katastrophen und kriegerische Auseinandersetzungen wird allzu selbstverständlich Bevölkerungswachstum als die zentrale Ursache schlechthin verantwortlich gemacht. Getragen von dem utopischen Glauben an eine objektiv begründete Berechen- und Regulierbarkeit von Bevölkerung läßt sich jede politische wie ökonomische Krise als "Bevölkerungsproblem" fassen, womit die einzelnen Menschen auf eine abstrakte Meßzahl reduziert werden. Mit ihrer historischen Analyse des Überbevölkerungs-Diskurses wollen die Autorinnen diese Selbstverständlichkeit in Frage stellen und die Hintergründe des "Passepartout-Begriffs" (10) Überbevölkerung deutlich machen. Ausgehend von der Feststellung, daß "die Auseinandersetzung um die quantitative Bevölkerungspolitik merkwürdig geschichtslos [ist]", geht es ihnen darum, "gerade den quantitativen Aspekt der Debatte [...] vor den wechselnden ideologiegeschichtlichen Hintergründen zu dechiffrieren" (11). Durch die Untersuchung der jeweiligen Begleitumstände, unter denen "Überbevölkerung" thematisiert wurde (und wird), offenbart sich das Überbevölkerungsdogma als eine dieses Jahrhundert prägende "politische Ideologie", deren reduktionistischer Ansatz es ermöglicht, "in den verschiedensten historischen Situationen unterschiedliche soziale und politische Interessengegensätze und Probleme auf einen immer gleichen, scheinbar zeitlosen Nenner zu bringen, auf eine immer irgendwie bedrohliche, ahistorische 'Bevölkerungsfrage'" (199). Inhaltsübersicht: Die Erfindung des Bevölkerungswachstums; "Menschenökonomie" im Nationalsozialismus; Exkurs: Das Experiment Sowjetunion; Von der Flüchtlings- zur Entwicklungspolitik; USA und UNO: Die Freiheit der Empfängnisbekämpfung; Feminisierung oder Facelifting?