In den neunziger Jahren habe Bolivien als Musterland für Reformen gegolten, schreibt Ismar, 2003 aber am Rande der Unregierbarkeit gestanden. Deutlich hervorgetreten seien die verschiedenen Konfliktlinien: „Regierung vs. Volk, Hochland vs. Tiefland, Indigen vs. Nicht-Indigen und Reich vs. Arm“ (30). Kulminiert sei diese Entwicklung in dem historischen Wahlerfolg von Evo Morales im Dezember 2005. Ismar fächert in seinem einleitenden Beitrag die gegenwärtigen Probleme und politischen Verwerfungen auf und kommt zu dem Ergebnis, dass nur mit einer Kompromiss- und Konsensbereitschaft das gefährlich polarisierte Klima Boliviens durchbrochen werden könne. In den folgenden Beiträgen vertiefen die Autoren die verschiedenen Themen, analysiert wird unter anderem die „zunehmende politische Organisation und Artikulation der bisher weitgehend marginalisierten indigenen Bevölkerungen“ (Jonas Wolff, 249) Sie spielten eine Doppelrolle als bedeutender Motor der Demokratisierung und seien in der sozial extrem fragmentierten bolivianischen Gesellschaft gleichzeitig ein zentraler Faktor der Destabilisierung. Allerdings hätten die Akteure dem neuen Präsidenten Morales eine Schonfrist eingeräumt. Eine nachhaltige Stabilisierung der Demokratie werde aber nur gelingen, wenn auch die westlichen Geberländer mit ihrer Entwicklungshilfe die Versuche einer grundlegenden Transformation gesellschaftlicher Wohlstands- und Machtverhältnisse unterstützten, schreibt Wolff. Weitere differenzierte Analysen sind Themen aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft gewidmet, unter anderem dem Koka-Anbau, den Perspektiven einer Verstaatlichung des Gas- und Ölsektors sowie der Außenpolitik. Der Sammelband ist das Ergebnis der internationalen Fachtagung „Bolivien – ein Land fuera de servicio?“, die im November 2005 an der Universität Köln stattfand.