Politikwiss. Diplomarbeit Duisburg-Essen. – Die Autorin untersucht den langen Streit zwischen Kemalisten als Verfechtern einer strikt säkularen Verfassung und Gesellschaftsordnung und den Islamisten, welche eine religiös geprägte Lebenswelt anstreben. Dabei zieht sie ausschließlich türkische Literatur heran, was den deutschen Lesern einen neuen Blickwinkel eröffnet. Ausgehend von einer historischen Betrachtung der Modernitätsbestrebungen des Osmanischen Reiches unterzieht Dumanli die Schriften der Vordenker der beiden konträren Gruppierungen einer Analyse hinsichtlich ihrer Sichtweisen von Volk, Staat, Laizismus und Islam. Auch Sekundärliteratur über diese Denker wird ausführlich zitiert. Ihnen sei gemein, schreibt die Autorin, dass sie Volk und Nation als identisch ansehen. Die Islamisten betonten jedoch, dass nur Muslime zur Nation gehörten, die den Staat konstituiere. Eine Gegenüberstellung der Programmatik der beiden Parteien CHP (Republikanische Volkspartei) und AKP (Gerechtigkeits- und Aufschwungspartei) rundet die Untersuchung ab. Dumanli zeigt, dass trotz des häufig gebrauchten Attributs „neu“ sich die heutige Debatte noch immer um dasselbe dreht, was „eigentlich dem alten Reich eigentümlich“ (178) war. Die behandelte Thematik ist sicherlich nicht neu, der Blickwinkel aber schon. Leider wird der Lesefluss durch eine massive und uneinheitliche Verwendung von Anführungszeichen und Klammern erschwert, hinzu kommt die oft ungelenke und sperrige Übersetzung der türkischen Quellen ins Deutsche. Es sei jedoch auf den engen Rahmen einer Diplomarbeit verwiesen, weshalb dies nicht als allzu gravierend bewertet werden sollte. Einen Ausgangspunkt und Anreiz, sich mit der türkischen Sicht auf die Thematik zu beschäftigen, liefert Dumanli allemal ab.