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/ 20.02.2014
Klaus Naumann

Der blinde Spiegel. Deutschland im afghanischen Transformationskrieg

Hamburg: Hamburger Edition 2013; 204 S.; 30,- €; ISBN 978-3-86854-264-6
Deutschlands Einsatz in Afghanistan gleiche „einer Selbstbegegnung der Sicherheitspolitik mit ihren eigenen Normen, Projektionen, Fähigkeiten, Mitteln und Instrumenten“ (13), schreibt Klaus Naumann, Historiker am Hamburger Institut für Sozialforschung. Bis heute existiere kein zusammenhängendes politisches Narrativ, das eine schlüssige Erläuterung der Gründe liefere, warum und mit welchem Ziel deutsche Soldaten am Hindukusch stationiert sind. Der Autor weist dabei explizit darauf hin, dass sich angesichts der Abwicklung des ISAF‑Einsatzes für die deutsche Sicherheitspolitik die einmalige Chance biete, „die eigenen Bestände und Instrumente, Normen und Verfahren zu überprüfen“ (8). Dass diese Gelegenheit wohl ungenutzt bleiben wird, führt Naumann auch auf die Unpopularität des Einsatzes in der deutschen Bevölkerung zurück. Welche Konsequenz dieser Umstand für die Zukunft haben kann, wird bereits eingangs deutlich. Naumann erklärt, dass sich in den Augen vieler Beobachter zwar eine Ära des Post‑Interventionismus ankündige, das Dilemma der Auslandseinsätze aber Deutschland erhalten bleibe: Außenpolitische Entscheidungen zwischen Zurückhaltung und Verantwortung, nationalen Interessen und Wertvorstellungen werden demnach ebenfalls in Zukunft notwendig sein. Dieses Argument bekommt vor allem dadurch Gewicht, dass andere am ISAF‑Einsatz beteiligte Staaten mit den gleichen Problemen konfrontiert waren und daraus bis heute offenbar keinen Ausweg gefunden haben. Nach Meinung des Autors können die grundlegenden Probleme der globalen Sicherheitsvorsorge für Deutschland nicht durch Lessons‑learned‑Prozesse, verbesserte Koordination und doktrinelle Veränderungen und Neuausrichtungen allein behoben werden. Zu den grundlegenden Strukturproblemen zählt Naumann das Grundverständnis von Sicherheit, die Defizite in der koordinierten Umsetzung politischer Vorgaben und die hierbei notwendigen Anpassungen angesichts sich dynamisch wandelnder Realitäten der Einsätze. Der Autor liefert hierzu eine Reihe von Vorschlägen, die er mit der Forderung nach einer alternativen „Ideenpolitik der Sicherheit“ (171) verbindet.
Christian Patz (CPA)
M.A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften, Fachbereich Politikwissenschaft, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Rubrizierung: 4.214.412.68 Empfohlene Zitierweise: Christian Patz, Rezension zu: Klaus Naumann: Der blinde Spiegel. Hamburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36754-der-blinde-spiegel_44701, veröffentlicht am 20.02.2014. Buch-Nr.: 44701 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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