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/ 20.02.2014
Walter Thaler

Der Heimat treue Hasser. Schriftsteller und Politik in Österreich. Ein politisches Lesebuch

Wien: new academic press 2013; 338 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-7003-1861-3
Warum halten sich Österreichs Literaten von der politischen Bühne eher fern? Können Schriftsteller in der Politik überhaupt etwas bewegen? Worauf beruht die konflikthafte Beziehung zwischen der schreibenden Zunft und der Politik? Diesen Fragen geht Walter Thaler in seinem Lesebuch der politisch‑engagierten Literatur nach. In verschiedenen Kontexten stellt Thaler Österreichs Schriftsteller und ihre Werke der vergangenen vier Jahrzehnte einzeln vor, interpretiert sie neu und analysiert mit ihrer Hilfe das komplizierte Verhältnis zur Politik. Österreichs Literaten seien durch drei Ereignisse der jüngeren Geschichte aufgewacht: die Affäre um Bundespräsident Kurt Waldheim, die Politik Jörg Haiders und die Koalition der konservativen ÖVP mit der rechtspopulistischen FPÖ. Besonders Letzteres wertet Thaler als „Schockerlebnis“, das zu einer „Betroffenheits‑ und Widerstandsrhetorik mit monologischen Schimpftiraden“ (29) führte. Der Autor zitiert dazu unter anderem Elfriede Jelinek: „Die Sprache der Literatur wird, wie es die extreme Rechte immer tut, von der brutalen Eindeutigkeit ihrer inzwischen sattsam bekannten Aussprüche, die das gesunde Volksempfinden hinter sich wissen oder zu wissen glauben, sozusagen niedergeknüppelt.“ (137) Mehr oder weniger polemisch, mehr oder weniger persönlich, so gehen Österreichs Literaten mit Haider und der FPÖ um. Doch auch andere Themen stehen auf ihrer Agenda; Europa, Kärnten, die österreichische Parteienlandschaft sind nur einige davon. „Wenn Schriftsteller sich zur Politik äußern, […] wollen [sie] damit den politischen Diskurs, der sich sonst nur in der politischen Arena der Parlamente und der Medien abspielt, erweitern“ (239), so Thaler. Dennoch betont er, dass Intellektuelle „sich vor allem dann der Politik mit ihren Kommentaren und Essays entgegen werfen, wenn Gefahr […] droht“ (314), was eine Erklärung für die gegenwärtig zu beobachtende Entpolitisierung der Literaturszene anbietet. Besonders lesenswert sind die Antworten der Schriftstellerinnen und Schriftsteller auf die Frage Thalers, worin sich ihre derzeitige Distanz zur Politik begründet; dies macht aus dem Band deutlich mehr als eine bloße Synopse politikkritischer Essays der vergangenen Jahrzehnte.
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.42.222.23 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Walter Thaler: Der Heimat treue Hasser. Wien: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36769-der-heimat-treue-hasser_44933, veröffentlicht am 20.02.2014. Buch-Nr.: 44933 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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