/ 20.06.2013
Philipp Löpfe / Werner Vontobel
Der Irrsinn der Reformen. Warum mehr Wettbewerb und weniger Staat nicht zu Wohlstand führen
Zürich: Orell Füssli Verlag AG 2005; 198 S.; brosch., 18,- €; ISBN 3-280-05133-9Löpfe und Vontobel präsentieren ein an ein breites Publikum gerichtetes, flott geschriebenes Buch, in dem sie sich kritisch mit zentralen Forderungen in der aktuellen Reformdebatte auseinander setzen, wie beispielsweise dem Ruf nach Steuersenkungen oder Verlängerung der Arbeitszeit. Die Wirtschaftsjournalisten erläutern und kritisieren die hinter einzelnen Forderungen stehenden Argumentationsfiguren der Neoliberalen. Deren Denken habe eher den Charakter einer Ideologie als einer sachlich begründeten Wirtschaftskonzeption. Misserfolge der Reformen würden weitgehend nicht zur Kenntnis genommen. Im Mittelpunkt der Kritik der Verfasser steht die Ausblendung des Faktors Nachfrage: Es werde unterstellt, dass sie sich mit zunehmendem Wirtschaftswachstum quasi automatisch einstelle, ohne dass für diese Auffassung schlüssige Begründungen vorlägen. Auch für den oft vorgebrachten, scheinbar eindeutigen positiven Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und mehr Arbeitsplätzen oder für die negativen Auswirkungen der angeblich zu hohen Sozialleistungen gebe es keine wirklich überzeugenden Belege. Statt für einseitige neoliberale Reformen, die vermögende gesellschaftliche Gruppen begünstigen, und den Abbau des Sozialstaates plädieren die Verfasser für dessen Stärkung, wobei sie insbesondere die sowohl ökonomisch als auch sozial starken skandinavischen Länder als Vorbild heranziehen. Neoliberale Konzepte seien für einen Umbau des Sozialstaats kontraproduktiv; angezeigt sei vielmehr ein situationsangemessenes wirtschaftspolitisches Handeln, in dem z. B. die Frage der Steuersenkungen nicht ideologisch als grundsätzlich positiv betrachtet würde, sondern als ein je nach Ausgangslage mehr oder weniger sinnvolles Instrument. Löpfe und Vontobel beziehen sich schwerpunktmäßig auf die Schweizer Situation, ihre Ausführungen sind jedoch größtenteils auch auf die hiesigen Probleme übertragbar.
Silke Becker (BE)
Dipl.-Soziologin; freie Journalistin.
Rubrizierung: 2.262 | 2.22 | 4.43 | 2.61 | 2.5
Empfohlene Zitierweise: Silke Becker, Rezension zu: Philipp Löpfe / Werner Vontobel: Der Irrsinn der Reformen. Zürich: 2005, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/24039-der-irrsinn-der-reformen_27667, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 27667
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Dipl.-Soziologin; freie Journalistin.
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