Der am Institut für Zeitgeschichte in Innsbruck lehrende Historiker präsentiert ein umfangreiches zweibändiges Werk, in dem erstmals der historiografische Versuch einer Gesamtdarstellung des österreichischen Weges in die Europäische Union unternommen wird. Die Darstellung spannt den Bogen vom Ende der Monarchie 1918 und der Gründung der Paneuropa-Union bis zum EU-Beitritt Österreichs 1995 sowie den EU-14-Sanktionsmaßnahmen im Jahre 2000. In einem am chronologischen Verlauf der Entwicklung orientierten Aufbau stellt Gehler die österreichische Europa-Politik dar, analysiert und interpretiert sie. Sie sei keineswegs linear verlaufen, sondern „verschlungen", „nicht frei von Brüchen, Rückschlägen, Niederlagen, wiederholten Anläufen, Enttäuschungen, Hoffnungen, Kompromissen und Teilerfolgen" (11), dennoch seien im- und explizite Zusammenhänge zwischen der Zwischen- und Nachkriegszeit vorhanden. Den meisten Kapiteln ist eine Bilanz angefügt. Außerdem finden sich 12 bis 15 Fragen am Ende jedes Kapitels, um den Stoff zu rekapitulieren, was für die Verwendung im Unterricht hilfreich sein kann. Eine 61 Seiten umfassende Bibliografie, eine Chronologie, ein Personenregister und ein 48-seitiger Bildteil mit Karikaturen, Fotos und Zeitungsartikeln ergänzen den Darstellungsband. Der Dokumentationsband enthält 286 überwiegend nicht veröffentlichte Quellen. Die Gliederung entspricht dabei exakt der des Darstellungsbandes und reicht bis zum Kapitel X. Dabei nehmen die Materialien für die zweite Nachkriegszeit breiteren Raum ein. Verweise auf die Dokumente finden sich bezogen auf die jeweiligen Kapitel in der Darstellung in Klammern. Das Gesamtopus resultiert aus langjährigen Forschungsarbeiten, die zum großen Teil Produkt der Aktivitäten des 1992 am genannten Institut gegründeten Arbeitskreises Europäische Integration sind. Zahlreiche Archive haben ihre Dokumente zur Verfügung gestellt und mehrere Institutionen, wie etwa die Österreichische Forschungsgemeinschaft, haben es finanziell gefördert. Es hat gute Chancen, zu einem Standardwerk zu werden. Inhaltsübersicht: Darstellungsband: I. Anschluß oder Donauföderation? „Mitteleuropa" als Kompromißlösung und „Paneuropa"-Politik zur Imageprofilierung 1918-1932; II. Österreichs Unabhängigkeit als „europäische Mission". „Paneuropa"-Politik in der Defensive 1933/34-1938; III. Konföderation oder Bundesstaat? Unabhängig oder Teil eines größeren Ganzen? Europaideen im österreichischen Exil 1934/38-1945; IV. Ein Schritt in Richtung Europa oder Sieg nationaler Interessen? Das Gruber-De Gasperi-Abkommen über Südtirol 1946; V. Ein verhinderter Anwärter? Österreich zwischen Souveränitätsstreben und den Anfängen der europäischen Integration 1947-1957; VI. Vorreiter Großeuropas? Das Projekt der Großen Freihandelszone 1956-1958 und die Gründung der EFTA 1959/60; VII. Im Neutralen-Verbund oder im „Alleingang" nach Brüssel? Das Scheitern einer Vereinbarung mit der EWG in den sechziger Jahren; VIII. Status quo-Denken und Aufbruch zu neuen Taten: Die Freihandelsabkommen 1972, der „Brief nach Brüssel" 1989 und die EWR-Übergangslösung 1994; IX. „... mehr überredet als überzeugt"? Verhandlungen, Volksabstimmung und EU-Beitritt 1993-1995; X. Grenzüberschreitende Kooperationen. Vom „Accordino" zur „Europa-Region Tirol-Südtirol-Trentino"; XI. Mehr Kontinuität als Diskontinuität. Systematische und zusammenfassende Überlegungen zur österreichischen Integrationspolitik nach 1945; XII. Ausblick. Österreich als verspätetes EU-Mitglied 1995-2002.