/ 17.06.2013
Frederick Baker / Petra Herczeg (Hrsg.)
Die beschämte Republik. Zehn Jahre nach Schwarz-Blau in Österreich
Wien: Czernin Verlag 2010; 223 S.; hardc., 21,90 €; ISBN 978-3-7076-0313-2„Die Epoche der schwarz-blauen Regierung hat Österreich nachhaltig verändert“ (9), schreiben die Herausgeber – und veröffentlichen ein Buch, das sich wie ein wütender Aufschrei gegen die Verwüstungen in der politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Landschaft liest. In Essays, Reden und Interviews ergründen die Autoren, was in dieser „gewendeten Gesellschaft“ (12) zwischen dem 4. Februar 2000 und dem 11. Januar 2007, der Amtszeit des durch FPÖ bzw. BZÖ gestützten Bundeskanzlers Wolfgang Schüssel, salonfähig geworden ist. Bitter urteilt Elfriede Jelinek, es sei in Österreich „die Aufgabe der Politik, die wählende Bevölkerung, die zu einem Drittel rechtsextrem gewählt hat, zufriedenzustellen“ (118). Vier Jahrzehnte der unterbliebenen kritischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus hätten ihre Spuren hinterlassen, schreibt Heidemarie Uhl und erinnert daran, dass der Aufstieg der FPÖ nicht nur auf „dem populistischen Schüren von Fremdenfeindlichkeit und Vorurteilen, sondern auch auf provokanten Äußerungen über den Nationalsozialismus“ (28) beruhte. Umso mehr begrüßt Eva Mückstein die Sanktionen der EU gegen die schwarz-blaue Regierung, damit sei indirekt auch „die Täterschaft Österreichs im Nationalsozialismus angesprochen“ (17) worden. Thematisiert werden auch die konkreten Auswirkungen von Schwarz-Blau. „Im Jahr 2000 begann in Österreich ein Jahrzehnt kultureller Verblödung“, schreibt Konrad Becker und nennt als Stichworte: „Sozialabbau, struktureller Rassismus sowie Einschränkungen der Grund- und Menschenrechte“ (97) sowie Repressionen in Kunst, Kultur und Medien. Beschrieben wird von mehreren Autoren, wie gegenüber Asylsuchenden die „Legalität bis zur Unmenschlichkeit“ (Michael Frank, 124) ausgereizt wurde, um sich dieser Menschen zu entledigen und damit die Tatsache, dass Österreich ein Einwanderungsland ist, ignorieren zu können. Wie tief greifend diese politische Regression ist, erkennt Marlene Streeruwitz am „Vorgang des Verschwindenmachens von Frauen“ (158). Die Frau als Subjekt einer Emanzipation gebe es in diesem politischen Programm nicht. „Und darauf aufbauend gibt es den Fremden auch nicht“ (159).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.4 | 2.22 | 2.23
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Frederick Baker / Petra Herczeg (Hrsg.): Die beschämte Republik. Wien: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/14846-die-beschaemte-republik_38153, veröffentlicht am 20.05.2010.
Buch-Nr.: 38153
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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