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/ 03.06.2013
Ernesto Che Guevara / Raúl Castro

Die Eroberung der Hoffnung. Tagebücher aus der kubanischen Guerilla. Dezember 1956 bis Februar 1957

Bad Honnef: Horlemann 1997; 299 S.; 34,- DM; ISBN 3-89502-064-8
Aus der Fülle der in den Funk- und Printmedien aus Anlaß des 30. Jahrestages des Todes von Ernesto "Che" Guevara veröffentlichten Beiträge hat sich bislang wenig genug ergeben, das als Ergebnis journalistischer oder wissenschaftlicher Recherche Aufmerksamkeit beanspruchen dürfte. Das Echo auf den medienwirksam inszenierten "Fund" der sterblichen Überreste des lateinamerikanischen Revolutionärs erscheint vielmehr als jüngste Bestätigung einer jahrzehntelangen Entwicklung, welche "den Che" als Protestikone und Märtyrer "der" Revolution in einer Öffentlichkeit zu installieren sucht, der sie ihn gerade dadurch als historische Persönlichkeit entrückt. Daß der zeitgeschichtliche Kontext einer so deutlich auf die Aktion im revolutionären Prozeß konzentrierten Biographie im Zwielicht der Verklärung dabei ebenfalls diffus wird, ist sicherlich kein zufälliges Nebenprodukt. Wesentlich aufschlußreicher erscheint da die Rückkehr zu den Tagebüchern, die Guevara zwischen 1951 und 1967 während mehrerer Reisen durch Lateinamerika sowie im Verlauf der revolutionären Kampagnen auf Kuba, im Kongo und in Bolivien verfaßt hat. Der vorliegende Band schließt dabei insofern eine Lücke, als die Tagebuchaufzeichnungen Guevaras vom Beginn der Guerilla auf Kuba bislang nicht zugänglich gewesen sind, ebensowenig wie die von Raúl Castro, wie Guevara einer der 81 Revolutionäre, die Anfang Dezember 1956 mit ihrer Guerilla im Westen Kubas die Revolution begannen. Erfreulicherweise setzt die Einführung des Guevara-Biographen Taibo II Leser und Leserinnen kenntnisreich und unpolemisch ins historische Bild der Situation der Gruppe um Fidel Castro während der Vorbereitungszeit der Guerilla 1956 in Mexico. Der Hauptteil bietet eine kommentierte Montage der Tagebuchaufzeichnungen beider Revolutionäre zwischen Dezember 1956 und Februar 1957, das heißt in jener Phase ihrer Etablierung als Guerilla, die am mühseligsten und am wenigsten triumphal erscheint: In der Hauptsache kämpfte die Gruppe zunächst gegen den Hunger, den Winter und die Übermacht ihres Feindes. Die schwierige Durchsetzung ihrer militärischen und politischen Strategie wird erst allmählich zum Thema der Aufzeichnungen (und der überleitenden Bemerkungen des Herausgebers). Als historisches Dokument ist die Sammlung der Aufzeichnungen von zwei Beteiligten der ersten Phase der Revolution auf Kuba daher wenig geeignet, die martialische Protestikone des "verwegenen Che" als dem modernen Berufsrevolutionär par excellence zu illustrieren, auf deren Verwendung als Titelbild der Verlag dennoch nicht verzichten zu können glaubt.
Michael Hein (HN)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
Rubrizierung: 2.652.24 Empfohlene Zitierweise: Michael Hein, Rezension zu: Ernesto Che Guevara / Raúl Castro: Die Eroberung der Hoffnung. Bad Honnef: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/3264-die-eroberung-der-hoffnung_4275, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 4275 Rezension drucken
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