/ 17.06.2013
Jürgen Martschukat
Die Geschichte der Todesstrafe in Nordamerika. Von der Kolonialzeit bis zur Gegenwart
München: C. H. Beck 2002 (Beck'sche Reihe 1471); 224 S.; 12,90 €; ISBN 3-406-47611-2Eine Überblicksdarstellung der Geschichte der Todesstrafe in den USA, so der Autor, fehlte bislang sowohl im deutschen als auch im englischen Sprachraum. Mit seinem Band will er diese Lücke schließen. Martschukat knüpft zahlreiche "Verbindungen, die über die gesetzlichen Gegebenheiten, die Strafrechtsordnungen und die verfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen hinausweisen" (9) und die insbesondere das Wirken der verschiedenen Reformbewegungen berücksichtigen. Die Verknüpfungen des Eintretens für die Todesstrafe mit religiösen und politischen Ordnungsvorstellungen werden ebenso untersucht wie die Veränderungen in den Hinrichtungsmethoden selbst. Dabei bemüht sich die Darstellung gar nicht darum, frei von Normativem zu verfahren, vielmehr wird deutlich gegen "das Töten im Namen des Staates [...] als der Akt ultimativer Grausamkeit" (10) Stellung bezogen. Etwas übersimplifizierend werden die begründungstheoretischen Wurzeln der Todesstrafe abgetan. Auch Martschukat kann sich nicht völlig freimachen vom verflacht historisierenden Bild einer Kultur der Gewalt, in der bis heute als einer ihrer elementaren Bestandteile das Konzept der Frontier (und damit auch die Vorstellung von der unter Umständen selbstverständlichen physischen Gewalt) weiter wirke. Hinzu trete, motiviert vom sprichwörtlichen amerikanischen Sendungsbewusstsein, "christlicher Fundamentalismus und eine Strafideologie ausgleichender Gerechtigkeit" (9), überdies der immense politische Einfluss der Schusswaffenlobby - und auch die Vergangenheit Präsident Ronald Reagans als Westerndarsteller darf in dieser Darstellung nicht fehlen. Wenn schließlich für den Autor im direkten Vergleich die Lynchmorde im Süden der frühen USA "[e]benso wie die strafrechtlich sanktionierte Todesstrafe [...] eine ultimative gesellschaftliche Zwangsmaßnahme" (9) darstellen, verschwimmen Analyse und Bewertung vollends.
Thomas Nitzsche (TN)
M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
Rubrizierung: 2.64
Empfohlene Zitierweise: Thomas Nitzsche, Rezension zu: Jürgen Martschukat: Die Geschichte der Todesstrafe in Nordamerika. München: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/16719-die-geschichte-der-todesstrafe-in-nordamerika_19210, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 19210
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M. A., Fachreferent für Politikwissenschaft, Soziologie und Wirtschaftswissenschaft an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek in Jena (ThULB).
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