/ 21.06.2013
Marcia Pally
Die hintergründige Religion. Der Einfluss des Evangelikalismus auf Gewissensfreiheit, Pluralismus und die US-amerikanische Politik
Berlin: Berlin University Press 2008 (Berliner Reden zur Religionspolitik); 144 S.; geb., 19,90 €; ISBN 978-3-940432-30-8Der Band besteht aus zwei Essays der New Yorker Professorin und Journalistin Pally, in denen „das Verhältnis von Religion und Politik in der westlichen Moderne im Allgemeinen und das Verhältnis des amerikanischen Evangelikalismus zur Politik im Besonderen“ (7) beschrieben werden. Ein wesentliches Ziel liberaler Demokratien sei „der Aufbau staatlicher Institutionen, sich auch gegenüber unangepassten Bürgern vorurteilsfrei zu verhalten und diesen Bürgern Gedankenfreiheit zuzubilligen“ (18). Dieses Ziel sei aber nicht aus Aufklärung und Französischer Revolution abzuleiten, behauptet sie, sondern aus den älteren Forderungen frommer Gläubiger nach Gewissensfreiheit. Pally umreißt kurz die Geschichte der religiösen Argumente für Religions- und Gewissensfreiheit in Europa und grenzt davon die amerikanische Entwicklung ab. Diese sei im Gegensatz zu der in Europa in eine positive Wertigkeit des Glaubens gemündet, weil die frühen Einwanderer selbst Mitglieder von nonkonformistischen Kirchen gewesen seien und die Härten der Besiedlung zur Folge gehabt hätten, dass jede helfende Hand – gleich, welchen Glaubens der dazugehörige Mensch gewesen sei – zum Überleben der Gemeinschaft gebraucht worden sei. Außerdem „hatte der individuelle Glaube eine positive Wertigkeit, der Staat dagegen war makelbehaftet“ (34). Die Gläubigen und die Verfechter der liberalen Demokratie seien in den USA oft identisch gewesen. „Die Freiheit des Gewissens in Kombination mit der Trennung von Kirche und Staat beflügelte die Religion im Allgemeinen und die evangelikalen Kirchen im Besonderen.“ (43) Nicht verschwiegen werden allerdings die zwei konservativen Umbrüche der Evangelikalen im 20. Jahrhundert, die vor allem eine Abwehrreaktion auf gesellschaftliche Veränderungen waren. Heutige Nutznießer der Gewissensfreiheit seien die muslimischen Einwanderer, die – im Gegensatz zu Europa – ihre Religion ohne Assimilationsdruck weiterentwickeln könnten. Die Kernaussage des zweiten Essays über die US-Außenpolitik besteht in der Feststellung, dass die Politik von George W. Bush im Kontext der US-Geschichte „nicht besonders radikal“ (105) gewesen sei.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.64 | 2.22 | 2.23
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Marcia Pally: Die hintergründige Religion. Berlin: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/29961-die-hintergruendige-religion_35510, veröffentlicht am 10.06.2009.
Buch-Nr.: 35510
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