/ 03.06.2013
Claus Neukirch
Die Republik Moldau. Nations- und Staatsbildung in Osteuropa
Münster: Lit 1996 (Osteuropa: Geschichte, Wirtschaft, Politik 9); 160 S.; brosch., 34,80 DM; ISBN 3-8258-2730-5Am Beispiel der seit August 1991 unabhängigen früheren Sowjetrepublik Moldau, vor 1940 weitgehend zu Rumänien gehörig, setzt sich der Autor mit Prozessen der Nations- und Staatsbildung im postkommunistischen östlichen Europa auseinander. Ausgehend von einem stark an Karl Deutsch orientierten Modell von Nation und nationaler Identität soll erklärt werden, weshalb es im Moldova der 90er Jahre nicht zu signifikanten Wiedervereinigungsbestrebungen mit dem "Mutterland" Rumänien gekommen ist. Neukirch führt dies im wesentlichen auf die Herausbildung einer spezifisch moldauischen Identität in den Jahrzehnten der Einbindung in die UdSSR zurück. Sowjetisierung und Russianisierung (z. B. die Einführung des Russischen als Amts- und Unterrichtssprache) sowie Modernisierungsprozesse in der agrarisch geprägten Moldau, nicht zuletzt die weitgehende soziale Abkapselung von Entwicklungen in Rumänien seien hierfür maßgeblich gewesen.
So sehr diese Analysen zu überzeugen vermögen, so fragwürdig erscheint die (geringe) Gewichtung anderer Erklärungsfaktoren, vor allem der von der Präsenz der 14. Armee im abgespaltenen Transnistrien ausgehenden Kriegsgefahr im Falle einer moldauisch-rumänischen (Wieder-)Vereinigung. Zweifelhaft erscheint auch die der moldauischen Variante der Nationsbildung entnommene Erkenntnis, daß ethnische Bindungen und gemeinsame Sprache nur von geringer Bedeutung für die Herausbildung einer nationalen Identität sind. Der Blick auf andere Regionen des östlichen Europas lehrt, daß die Republik Moldau in dieser Hinsicht einen Sonderfall darstellt. Nichtsdestoweniger stellt Neukirchs Arbeit einen gelungenen Beitrag zur Erforschung der moldauischen terra incognita dar, von dem man hoffen darf, daß er nicht isoliert bleiben wird.
Inhaltsübersicht: I. Einleitung (11-16); II. Nation und nationale Identität (17-48); III. Bessarabien - Grenzland zwischen Rumänien und Rußland (49-61); IV. Sowjetisierung und Russianisierung in der Moldauischen SSR (62-87); V. Von der Sozialistischen Sowjetrepublik zur Republik Moldau (88-102); VI. Warum Moldova? Erklärung einer Staatsbildung (103-126); VII. Primus inter pares - die Rolle der nationalen Identität bei der moldauischen Staatsbildung (127-135).
Michael Edinger (ME)
M. A., wiss. Mitarbeiter, Sonderforschungsbereich 580, Universität Jena (www.uni-jena/svw/powi/sys/edinger.html).
Rubrizierung: 2.62 | 2.21 | 2.2
Empfohlene Zitierweise: Michael Edinger, Rezension zu: Claus Neukirch: Die Republik Moldau. Münster: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1805-die-republik-moldau_2078, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 2078
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M. A., wiss. Mitarbeiter, Sonderforschungsbereich 580, Universität Jena (www.uni-jena/svw/powi/sys/edinger.html).
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