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/ 22.06.2013
Willi Baer / Karl-Heinz Dellow (Hrsg.)

Die Schlacht um Chile. Der Kampf eines Volkes ohne Waffen

Hamburg: LAIKA Verlag 2011 (Bibliothek des Widerstands 7); 304 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-942281-76-8
Der Putsch gegen den chilenischen Präsidenten Salvador Allende im September 1973 stellt in seinen Konsequenzen für das Land eine tiefe historische Zäsur dar und schuf zugleich einen Mythos. Im ersten Teil des Bandes rekapitulieren Zeitzeugen die Ereignisse und Konsequenzen des Staatstreichs. Nach Régis Debray, seinerzeit Berater Allendes, sei Chile die „endlich gefundene Alternative zur Diktatur des Proletariats“ (71) gewesen. Die Alternative vom legalen oder gewaltsamen Weg der Revolution weist der französische Philosoph, der 1967 als Weggefährte Che Guevaras in Bolivien verhaftet worden war, damit als „falsche Symmetrie“ (69) von sich. Welche Gestalt ein Klassenkampf annehme, sei durch eine „vorher abgelaufene Geschichte und ein globales Kräfteverhältnis bedingt“ (70). Der Versuch, in Chile auf demokratischem Weg den Sozialismus einzuführen, habe auf drei politischen Prämissen beruht: dass der Regierungsapparat innerhalb des Staates eine beherrschende Stellung einnehme, dass das Legalitätsprinzip während der Übergangsperiode vollauf respektiert werde und dass die Kontinuität der Verfassung gewahrt bliebe. Dennoch habe sich die politische Auseinandersetzung zu einem „Duell zwischen zwei Klassenfronten zugespitzt“ (85). Die konservative Opposition habe dabei eine teils radikal gewalttätige und letztlich erfolgreiche Strategie der Destabilisierung von Regierung und Gesellschaft verfolgt, wie das Attentat 1971 auf den christdemokratischen Politiker Edmundo Pérez Zújovic gezeigt habe, das der Autor der zwar linken, gleichwohl von „CIA-Agenten manipulierten“ (96) Vanguardia Organizada del Pueblo anlastet. Debray spricht im Kontext der sich zuspitzenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krise von einem „äußeren Feind“, der sich als „Warenknappheit“, „als geschlossene Tankstellen“ oder als „Hausfrauen-Aufmärsche […] tarnte“ (106). Damit rückt Debray die Verwicklung der CIA und die Politik der USA ins Zentrum seiner Betrachtungen. Der zweite Teil des Bandes ist eine Handreichung zu den beiliegenden Dokumentarfilmen; es findet sich – erstmals auf Deutsch veröffentlicht – das gesamte Filmskript mit Erläuterungen des Regisseurs von Patricio Guzmán, der nach dem Putsch selbst im Nationalstadion in Santiago de Chile inhaftiert war.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.652.222.25 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Willi Baer / Karl-Heinz Dellow (Hrsg.): Die Schlacht um Chile. Hamburg: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/34933-die-schlacht-um-chile_42007, veröffentlicht am 21.06.2012. Buch-Nr.: 42007 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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