/ 21.06.2013
Manuela Bojadžijev
Die windige Internationale. Rassismus und Kämpfe der Migration
Münster: Westfälisches Dampfboot 2008; 310 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-89691-667-9Die Geschichte der Migration lässt zumeist zwei Aspekte unthematisiert: den Rassismus und die Kämpfe der Migration. Die Sozialwissenschaftlerin Bojadžijev fragt nach den Bedingungen der Geschichtsschreibung, unter denen im Rückblick Migranten nicht als naive Opfer und Objekte von Rassismus oder Migrationspolitik reduziert und stigmatisiert werden. Die Autorin verabschiedet sich von den Annahmen, dass es in Deutschland ein „rassistisches Einstellungspotential“ (13) gab, bevor es zu den Einwanderungsbewegungen kam, und dass das Gastarbeitersystem den Rassismus dann aber erst hervorgebracht hat. Bojadžijev betont, dass der Rassismus nicht als ahistorische Voraussetzung gesehen werden dürfe und wenig gewonnen sei, diesen einfach nur aufzudecken. Die Abhängigkeit von historischen Kontexten zeige hingegen, dass der Rassismus nur im Verhältnis zu sozialen, ökonomischen und kulturellen Bedingungen zu verstehen sei, die diesen immer wieder hervorbrächten. Bojadžijev wechselt zudem die Perspektive auf die Migration und untersucht, welche Formen und Praktiken migrantischen Widerstandes es gegeben hat. Hierzu diskutiert die Autorin zunächst die wesentlichen Entwicklungslinien der Rassismustheorien in Deutschland und untersucht die Geschichtsschreibung von sozialen Kämpfen im Kontext von Rassismus und Migration anhand dreier internationaler Beispiele. Im umfassendsten Teil der Arbeit analysiert Bojadžijev die Geschichte der Kämpfe der Migration. Beginnend mit der Einwanderung nach dem Zweiten Weltkrieg und der Anwerbung von Gastarbeitern, über die Illegalisierung der Migration, die es bereits lange vor dem Anwerbestopp von 1973 gab, wirft die Autorin schließlich einen Blick auf Arbeits-, Wohn- und Stadtteilkämpfe. Hierin zeigt sich nach Bojadžijevs Auffassung, in welcher Weise sich der Rassismus durch den gelebten Widerstand von Migranten gezwungen sah, sich ständig zu reorganisieren, das heißt immer wieder neue Formen anzunehmen.
Oliver Trede (OT)
Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.35 | 2.313 | 2.331 | 4.42 | 2.61 | 2.64 | 2.22 | 2.23
Empfohlene Zitierweise: Oliver Trede, Rezension zu: Manuela Bojadžijev: Die windige Internationale. Münster: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/28380-die-windige-internationale_33431, veröffentlicht am 11.09.2008.
Buch-Nr.: 33431
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Dr. phil., Historiker/Politikwissenschaftler.
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