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/ 04.06.2013
Gerald Boxberger / Harald Klimenta

Die zehn Globalisierungslügen. Alternativen zur Allmacht des Marktes

München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1998; 246 S.; 16,90 DM; ISBN 3-423-36085-2
Auf den Devisenmärkten werden täglich etwa 1.400 Mrd. DM umgesetzt (11); 99 % des Handels mit Währungen sind auf Spekulation mit künftigen Wechselkursen gerichtet (17); die Devisenspekulation mit dem britischen Pfund, die 1992 zur faktischen Aufgabe des festen Wechselkurssystems in Europa führten, kosteten die Steuerzahler ca. 100 Mrd. DM (18). Mit diesen und ähnlich markanten Befunden entwerfen die Autoren im ersten Teil ihres Buches ein suggestives Panorama der Gefahren, die mit der zunehmenden Globalisierung verbunden sind. Weil sie von der Prämisse ausgehen: "Globalerer Wettbewerb ist das Ergebnis politischen Willens" (50, 61), kommt es ihnen in erster Linie darauf an, durch eine anschauliche, auch didaktische Anforderungen berücksichtigende Darstellung die vielfach behauptete Unausweichlichkeit der Globalisierungsprozesse zu problematisieren. Sie bewegen sich damit weniger in der wissenschaftlichen als vielmehr in der allgemeinen, im hohen Maße von Interessen bestimmten Globalisierungsdiskussion. Das gilt zumal für die Auseinandersetzung mit "10 Globalisierungslügen" (51 ff.); hier haben die Autoren in prägnanter Form typische Vereinfachungen aus dem politischen Tagesgeschäft aufgegriffen. Abschießend wollen sie "realistische Alternativen" vorstellen (165 ff.), die allesamt "ohne sozialistische Utopien auskommen" (166). Wenn die negativen Effekte von ungebremsten Freihandel, Finanzspekulation und Deregulierung in einer "ökologische[n] Abwärtsspirale" einerseits und einem "soziale[n] Wettabrüsten" andererseits liegen (24), dann müßten Reformen gleichermaßen an der Kapitalmobilität (z. B. durch die Tobin-Steuer, 173 ff.) wie - aus ökologischen Gründen - an der Warenmobilität und dem Energieverbrauch (181 ff.) ansetzen. Auch wenn die Autoren gewisse Zweifel an der "Mehrheitsfähigkeit" derartiger Reformen wenigstens indirekt anklingen lassen (228 ff.), ist das Buch doch für Zwecke der politischen Bildung sehr anregend, weil es an aktuellem Material die Möglichkeit alternativer Konzeptionen vorführt. Aus dem Inhalt: I. Das Zeitalter der Globalisierung: Ein Planet unterwirft sich wirtschaftlichen Zwängen: Die Globalisierung der Weltmärkte; Die Gefahren globalisierter Märkte; Die Theorie hinter der Politik; Eine Theorie wird Realität. II. Die 10 Globalisierungslügen: Lüge 1: "Die Globalisierung ist nicht steuerbar"; Lüge 2: "Der Sozialstaat ist zu teuer"; Lüge 3: "Die Globalisierung ist eine Chance zur Überwindung der Arbeitslosigkeit"; Lüge 4: "Die Löhne in Deutschland sind zu hoch"; Lüge 5: "Der Staat mischt sich zuviel in die Wirtschaft ein"; Lüge 6: "Die Auslandsinvestitionen der deutschen Industrie zeigen, wie unattraktiv der Standort Deutschland ist"; Lüge 7: "Der Euro nützt uns allen"; Lüge 8: "Großbritannien und die USA sind Vorbilder bei der Schaffung von Arbeitsplätzen und Wohlstand"; Lüge 9: "Die Entwicklungsländer profitieren von der Globalisierung"; Lüge 10: "Globalisierung bringt Vielfalt überall auf der Welt". III. Realistische Alternativen: Wo Reformen ansetzen müssen. Strukturen verändern: Die Tobin-Steuer zur Reduzierung der Kapitalmobilität; Die ökologische Steuerreform zur Reduzierung der Warenmobilität; Wege aus der sozialen Katastrophe. Die Handlungsebenen: Ein Europa für alle; Deutschland im Alleingang; Druck von unten.
Thomas Mirbach (Mir)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.332.3424.43 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Gerald Boxberger / Harald Klimenta: Die zehn Globalisierungslügen. München: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/5614-die-zehn-globalisierungsluegen_7317, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 7317 Rezension drucken
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