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/ 04.06.2013
Pierre Bourdieu

Die zwei Gesichter der Arbeit. Interdependenzen von Zeit- und Wirtschaftsstrukturen am Beispiel einer Ethnologie der algerischen Übergangsgesellschaft. Aus dem Französischen übersetzt und mit einem Nachwort von Franz Schultheis

Konstanz: UVK 2000 (édition discours 25); 184 S.; brosch., 28,- DM; ISBN 3-87940-664-2
Bourdieus Studie, die 1977 in Paris erschien und erst mit dieser Ausgabe deutschsprachig vorliegt, entstand bereits 1963 und gehört somit in die Anfangsphase seines enormen Werkes, das laut Nachwort bisher 1400 Publikationen umfasst. Die zweite Hälfte der 50er-Jahre hatte Bourdieu im Algerien der Befreiungskämpfe gegen die Kolonialmacht Frankreich verbracht. Als französischer Wehrdienstleistender konnte er sich der politischen Situation nicht entziehen. Er versuchte, das persönlich-politische Dilemma abzumildern, indem er bereits seine Zeit als Wehrpflichtiger für die Erhebung von Daten zur "Ethnologie der algerischen Übergangsgesellschaft" nutzte. Als Assistent an der Universität von Algier führte er diese Studien in den Jahren 1958 bis 1960 fort. Sie markieren auch den Übergang des gelernten Philosophen zur Ethnologie, Anthropologie und Soziologie. Der Text beinhaltet bereits zentrale Themen der späteren Arbeiten Bourdieus: "[...] er fragt nach den unterschwelligen Regeln des Tausches [...], der sozialen Einbindung des Wirtschaftens, dem Verhältnis von Zeitstrukturen und Rationalität, den symbolischen Ordnungen der Gesellschaft, Herrschaftsbeziehungen zwischen den Geschlechtern, Generationen und sozialen Klassen, oder nach den soziohistorischen Möglichkeitsbedingungen der für universell gehaltenen Rechenhaftigkeit des homo oeconomicus" (Schultheis [167]). So schließt dieser Text nicht nur eine Lücke im deutschsprachig erschienenen Werk, sondern bietet auch einen guten Einstieg in die Beschäftigung mit dem Bourdieu'schen Denken. Zu Letzterem trägt auch das Nachwort auf gelungene Weise bei. Inhalt: 1. Einfache Reproduktion und zyklische Zeit; 2. Widersprüchliche Notwendigkeiten und mehrdeutiges Verhalten; 3. Subjektive Hoffnungen und objektive Möglichkeiten; 4. Die wirtschaftlichen Bedingungen des Wandels der Wirtschaftsgesinnungen. Ein Spontan-Soziologe. Franz Schultheis: Initiation und Initiative. Entstehungskontext und Entstehungsmotive der Bourdieuschen Theorie der sozialen Welt (165-184).
Christine Rosenbrock (CR)
Rubrizierung: 2.222.2622.67 Empfohlene Zitierweise: Christine Rosenbrock, Rezension zu: Pierre Bourdieu: Die zwei Gesichter der Arbeit. Konstanz: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/4704-die-zwei-gesichter-der-arbeit_15006, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 15006 Rezension drucken
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