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/ 21.06.2013
Klaus Naumann

Einsatz ohne Ziel? Die Politikbedürftigkeit des Militärischen

Hamburg: Hamburger Edition 2008; 138 S.; geb., 12,- €; ISBN 978-3-936096-98-9
Dieser kleine, kluge Band beginnt mit einem kategorischen Befund, der kein Wenn und Aber kennt: „Die deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik lähmt und blockiert sich selbst. Dabei droht sie den Primat des Politischen zu verspielen.“ (7) Der Autor, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung, setzt noch einen drauf: Unter Verweis auf den quantitativ bedeutendsten Auslandseinsatz der Bundeswehr stellt er lakonisch fest: „Der Afghanistan-Einsatz ist zum Musterfall strukturellen Politikversagens geworden.“ (8) Für ihn gerät diese Mission Bundeswehr zum Offenbarungseid. An ihm zeigten sich beispielhaft die Fehlleistungen und Strukturdefizite der deutschen Sicherheitspolitik, nämlich ihre Begründungsschwächen und die überzogenen Ansprüche, der geringe Mitteleinsatz und die kurzatmigen Mandate, realitätsferne Aufträge mit gravierenden Strategie- und Koordinationsmängeln sowie das Missverhältnis zwischen militärischen und zivilen Komponenten. All dies, was er implizit als „Entpolitisierung“ des sicherheitspolitischen Handels interpretiert, ist für den aufmerksamen und permanenten Beobachter des Themas nicht ganz neu, aber es ist gelungen systematisiert und im Sinne einer Streitschrift originell zugespitzt. Dabei überschreitet der Autor jedoch niemals die Grenze zur langweiligen Polemik. Naumann belässt es nicht bei einer Bestandsaufnahme der von ihm diagnostizierten Fehlentwicklungen, er benennt Anforderungen an die Sicherheitseliten und gibt Anstöße zu einer Neujustierung der sicherheitspolitischen Strukturen. Entscheidend ist für ihn in Anlehnung an den Untertitel des Buches das „Primat des Politischen“ im Gegensatz zum heute anzutreffenden „Primat der Politik“, was auch eine Neubestimmung des Verhältnisses von politischen und militärischen Eliten zur Folge hätte. Korrespondierend dazu verweist er auf die Notwendigkeit des „Primats der Staatsbürgerlichkeit“ (90): Es gelte, die Erwartungen und Anforderungen, die bezüglich der Auslandseinsätze der Bundeswehr an die politische Klasse und die Militärelite gestellt werden, an die Bürgergesellschaft zurückzuverweisen: „Der Bürger […] ist seiner Staats- und Lebensordnung hinsichtlich seiner eigenen Sicherheit etwas schuldig; von ihm wird auch dann etwas erwartet, wenn es nicht verlangt wird.“ (116)
Markus Kaim (MK)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Forschungsgruppe "Sicherheitspolitik", Stiftung Wissenschaft und Politik, Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, Berlin.
Rubrizierung: 2.32.3242.3314.21 Empfohlene Zitierweise: Markus Kaim, Rezension zu: Klaus Naumann: Einsatz ohne Ziel? Hamburg: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/29450-einsatz-ohne-ziel_34849, veröffentlicht am 09.12.2008. Buch-Nr.: 34849 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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