/ 21.06.2013
Jürgen Weber (Hrsg.)
Illusionen, Realitäten, Erfolge. Zwischenbilanz zur deutschen Einheit
München: Olzog 2006; 306 S.; pb., 19,90 €; ISBN 978-3-7892-8178-5Der Sammelband liefert eine vielschichtige Bestandsaufnahme des Wiedervereinigungsprozesses. Gauck zeichnet einleitend das Bild einer ostdeutschen „Übergangsgesellschaft“, deren Mentalität immer noch durch die Erfahrungen der Diktatur geprägt ist. Gensicke widmet sich der Frage der innerdeutschen Integration mit Hilfe von Umfragedaten. Er rückt die schlechte Leistung des politischen Systems als Faktor fehlender Integration ins Zentrum seiner Betrachtungen. Stefan Wolle argumentiert wiederum sozialisationstheoretisch, indem er prägende und fortwirkende Grundelemente der DDR-Zeit herausarbeitet. Die nachfolgenden Beiträge sind dem Thema „Überwindung der Folgen der Diktatur“ gewidmet. Es geht um den rechtsstaatlichen Umgang mit Opfern der SED-Justiz (Beyer), die Wiedergutmachung für politisch Verfolgte (Neubert) und – allgemeiner – um die strafrechtliche Aufarbeitung des DDR-Unrechts (Jahntz). Auch dabei fällt das Urteil der Autoren differenziert aus. Beispielsweise konstatiert Neubert, dass von den betreffenden Regelungen zwar „oft ganze Opfergruppen nicht erfasst sind“, „die Rehabilitierung und Wiedergutmachung nach 15 Jahren“ jedoch insgesamt „weit fortgeschritten ist“ (153). Den Abschluss des Bandes bilden zwei Beiträge zur Wirtschaftslage in Ostdeutschland (Heilemann und Quaisser) und eine Analyse der deutschen Außenpolitik nach der Wiedervereinigung (Hellmann), der im 50-seitigen Anhang hilfreiche Umfragedaten beigefügt sind. Heilemann wendet sich gegen die These von der Entstehung eines ostdeutschen Mezzogiorno. Quaisser vergleicht die wirtschaftliche Entwicklung der neuen Länder mit ostmitteleuropäischen Transformationsprozessen. Der Unterschied liege vor allem in der Übernahme des westdeutschen Wohlfahrtsstaatsmodells, wohingegen die Wachstumsraten anderer Länder auf eine wirtschaftsliberale Politik zurückzuführen seien. Hellman warnt davor, die vor 1989/90 prägende außenpolitische „Kultur der Zurückhaltung“ noch weiter aufzugeben.
Markus Linden (LIN)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, SFB 600 - Teilprojekt C7 "Die politische Repräsentation von Fremden und Armen", Universität Trier.
Rubrizierung: 2.315 | 2.35 | 2.325 | 4.21
Empfohlene Zitierweise: Markus Linden, Rezension zu: Jürgen Weber (Hrsg.): Illusionen, Realitäten, Erfolge. München: 2006, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/26381-illusionen-realitaeten-erfolge_30738, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 30738
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Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, SFB 600 - Teilprojekt C7 "Die politische Repräsentation von Fremden und Armen", Universität Trier.
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