/ 06.02.2014
Urs Scheuss
Konfliktherd Agglomeration. Politische Gegensätze im urbanen Raum der Schweiz
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013 (Politik und Demokratie in den kleineren Ländern Europas 7); 220 S.; brosch., 39,- €; ISBN 978-3-8487-0552-8Diss. Zürich; Begutachtung: D. Kübler, V. Hoffmann‑Martinot. – Urs Scheuss widmet sich den Agglomerationen, in denen mittlerweile drei Viertel der Schweizer Bevölkerung leben. Bei diesen städtischen Ballungsgebieten handelt es sich um zusammenhängende Gebiete mehrerer Gemeinden mit insgesamt 20.000 Einwohnern. Sie umfassen wenigstens ein städtisches Zentrum und das dazugehörige Umland, insofern sind Agglomerationen grundsätzlich entlang einer „Zentrum‑Peripherie‑Beziehung“ (199) aufgebaut. Darüber hinaus bezeichnet Agglomeration „einen besonderen Raum politischen Handelns“ (25). Welche gesellschaftlichen Konflikte sich in sieben großen Agglomerationen der Schweiz – in Zürich, Basel, Genf, Bern, Lausanne, Luzern und Lugano – ergeben, steht im Mittelpunkt dieser soziologischen Arbeit. Der Autor fragt vor allem nach den Auswirkungen dieser Siedlungsstruktur auf die traditionellen kantonalen Parteiensysteme und analysiert dazu empirisch die Nationalratswahlen von 1970 bis 2000. Ein Ergebnis lautet, dass die Verteilung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen und auch die ungleiche Leistungsfähigkeit staatlichen Handelns in den Städten und deren Umland den politischen Gegensatz zwischen Stadt und Land verändern. Dies eröffnet den Parteien neue Potenziale zur Mobilisierung ihrer Wählerschaft. Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) profitiert vom Wachstum der Agglomerationen vor allem im nahen Umland der Zentren. Die Unterstützung für die SVP nehme in Gemeinden „mit hoher Wohneigentumsquote, großer Distanz zum Zentrum“ zu. Die SVP sei damit in Gemeinden verankert, die durch den privat‑individuellen Konsum geprägt seien, sie habe die „Eigenschaften einer ökonomisch rechten Partei“ (177). Doch darüber hinaus finde sie zunehmend Anhänger in Gemeinden mit hoher sozioökonomischer Benachteiligung. Ein struktureller Wandel der Wählerschaft sei bei der Sozialdemokratischen Partei (SP) zu beobachten. Zwar werde sie in Agglomerationsgemeinden gewählt, die durch den „öffentlich‑kollektiven Konsum“ (172) geprägt seien, doch finde diese Partei bei den Nationalratswahlen in zunehmendem Maße Zustimmung in den Mittelstandsgemeinden. Ähnlich wie die SP seien auch die „neuen linken Parteien“ (196) immer stärker in Gemeinden mit hohem sozioökonomischem Status zu finden, sodass es kaum Unterschiede zwischen der SP und dem gesamten linken Block gebe.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.5 | 2.21 | 2.22
Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Urs Scheuss: Konfliktherd Agglomeration. Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/36701-konfliktherd-agglomeration_44776, veröffentlicht am 06.02.2014.
Buch-Nr.: 44776
Inhaltsverzeichnis
Rezension drucken
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
CC-BY-NC-SA