/ 21.06.2013
Anton Pelinka / Hubert Sickinger / Karin Stögner
Kreisky – Haider. Bruchlinien österreichischer Identitäten
Wien: Wilhelm Braumüller 2008; 250 S.; kart., 24,90 €; ISBN 978-3-7003-1644-2Bruno Kreisky gilt als die bedeutendste Persönlichkeit der österreichischen Sozialdemokratie, fast dreizehn Jahre lang amtierte er als Bundeskanzler. Zuvor war er Außenminister der ÖVP-SPÖ-Koalitionsregierung, später über ein Jahrzehnt lang stellvertretender Vorsitzender der sozialistischen Internationale. Gemeinsam mit Willy Brandt empfing er 1979 Jassir Arafat in Wien – ein Besuch, dem die Anerkennung der PLO als rechtmäßige Vertretung des palästinensischen Volkes folgte. Die Bedeutung dieses Staatsakts sei durch Kreiskys jüdische Herkunft noch verstärkt worden, schreibt Stögener, auch habe das Ereignis auf den entscheidenden Charakterzug Kreiskys hingewiesen: die Fähigkeit zur Integration. Stögener beschreibt das Phänomen Kreisky vor dem Hintergrund der österreichischen Gesellschaft im Schatten der nationalsozialistischen Vergangenheit und des Nahostkonflikts. Abschließend erörtert sie die Bedeutung des Austrofaschismus für Kreisky. Dieser war während des austrofaschistischen Ständestaates wegen Hochverrats inhaftiert und teilte seine Zelle mit einem Nationalsozialisten. Diese Erfahrung habe seine spätere Sichtweise auf den Antisemitismus stark geprägt. Im Gegensatz zu Kreisky ist der Kärntner Landeshauptmann Haider eine Person, die polarisiert und spaltet – auch die eigene Partei. Sickinger beschreibt Haiders Jugend und Elternhaus und verfolgt anschließend dessen Parteikarriere bis an die Spitze der FPÖ. Er zeichnet die von Haider betriebene Radikalisierung der Oppositionspolitik nach und erläutert dessen Geschichts- und Politikbild. Analog zu Stögeners Analyse widmet er sich Haiders Abschied von der Rolle des proamerikanischen und judenfreundlichen Politikers bis hin zu seiner Instrumentalisierung des Antisemitismus für Wahlkampfzwecke. Anhand dieser beiden konträren Persönlichkeiten skizzieren die Autoren die gegensätzlichen Entwicklungslinien österreichischer Identität. Der vorangestellte Beitrag von Pelinka verbindet die Beiträge durch seine Gedanken zum Spannungsfeld zwischen österreichischer und jüdischer Identität.
Marinke Gindullis (MG)
Politikwissenschaftlerin.
Rubrizierung: 2.4 | 2.22 | 2.23 | 2.24
Empfohlene Zitierweise: Marinke Gindullis, Rezension zu: Anton Pelinka / Hubert Sickinger / Karin Stögner: Kreisky – Haider. Wien: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/29267-kreisky--haider_34610, veröffentlicht am 08.07.2008.
Buch-Nr.: 34610
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