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/ 22.06.2013
Martin Leiner / Susan Flämig (Hrsg.)

Latin America between Conflict and Reconciliation

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2012 (Research in Peace and Reconciliation 1); 272 S.; 98,99 €; ISBN 978-3-525-56011-2
Der Sammelband eröffnet mit der sogenannten Hölderlin-Perspektive einen ganz speziellen Blick auf die Friedens- und Konfliktforschung. In der Novelle „Hyperion“ hatte Hölderlin geschrieben: „Versöhnung ist mitten im Streit und alles Getrennte findet sich wieder.“ (16) Dem damit hier vertretenen Zugang zur Friedens- und Konfliktforschung geht es demnach um die Frage, inwieweit Versöhnungsabsichten in Konfliktsituationen institutionell unterstützt und ermöglicht werden können und inwieweit sich dadurch die Chancen auf die nachhaltige Beilegung von Konflikten erhöhen. Die Beiträge des Bandes – in der Überzahl Fallstudien – haben einen regionalen Schwerpunkt in Südamerika, was Themenfelder wie den Umgang mit Menschenrechtsverletzungen und die Aufarbeitung von Diktaturen einschließt. So wird in gleich zwei Beiträgen der Umgang mit dem Erbe der Pinochet-Diktatur in Chile thematisiert. Der bei Weitem längste Artikel ist der konfliktreichen Geschichte Kolumbiens gewidmet – das Mathieu de Nanteuil pointiert als „the Exceptional in Normality“ (67) beschreibt. Er versucht dabei, anhand so unterschiedlicher Theoretiker wie Michel Foucault, Émile Durkheim, Georges Bataille oder Zygmunt Bauman das nationale Selbstverständnis Kolumbiens mit seinen politischen wie sozialen Wirkungen zu ergründen. Indem er feststellt, das die politische Kultur Kolumbiens wesentlich durch das Streben nach Zugehörigkeit zum westlichen Liberalismus sowie durch die bereits lang andauernde Geschichte sich ständig fortsetzender gewaltsamer Konflikte geprägt ist, findet er auch einen Schlüssel zur Erklärung der dortigen Konfliktintensität. Soziale Bindungen, die für eine langfristige Stabilität von Gesellschaft wichtig sind, können sich so nur schwer entwickeln. „In the coming decades“, so schreibt de Nateuil abschließend, „Columbia needs to free itself from restrictive definitions of economics and politics in order to constitute society as a mix of rights and collective rules, with the social gains of a welfare State and cultural counter-forces.“ (104) Einzig die Frage, wo dort das Thema des Bandes – Versöhnung als Friedensermöglichung und -konsolidierung – anschließt, bleibt offen.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.652.22.222.232.252.672.684.42 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Martin Leiner / Susan Flämig (Hrsg.): Latin America between Conflict and Reconciliation Göttingen: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/35513-latin-america-between-conflict-and-reconciliation_42839, veröffentlicht am 06.12.2012. Buch-Nr.: 42839 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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