/ 22.06.2013
Magaly Rodríguez García
Liberal Workers of the World, Unite? The ICFTU and the Defence of Labour Liberalism in Europe and Latin America (1949-1969)
Oxford u. a.: Peter Lang 2010 (Trade Unions Past, Present and Future 5); XVI, 338 S.; 48,70 €; ISBN 978-3-0343-0112-1Die Geschichte internationaler Gewerkschaftsorganisationen sei, so die Autorin, von drei theoretischen Interpretationsansätzen geprägt: von ökonomischen (strategische Reaktion auf die Globalisierung der Märkte), funktionalistischen (die supranationale Integration anderer Teilbereiche zieht die Integration von Gewerkschaftsstrukturen nach sich) und politischen Theorien (politisch-ideologisches Programm internationaler im Vergleich zur ökonomischen Funktion nationaler Gewerkschaften). Alle diese Ansätze berücksichtigten jedoch nur Teilbereiche, was auch die – in allen drei Fällen – grundlegend skeptische Einschätzung der Effektivität internationaler Gewerkschaften erkläre. Die Autorin verfolgt nun einen inklusiveren Ansatz, mit dem sie alle diese Teilbereiche berücksichtigt. Mithilfe einer umfassenden Aufarbeitung sowohl von Sekundärliteratur als auch von zahlreichen Archivmaterialien zeichnet sie die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der European Regional Organisation (ERO) und der Inter-American Regional Workers’ Organisation nach (beides regionale Ableger der International Confederation of Free Trade Unions) und fragt vor allem nach den Motiven der beteiligten Akteure. Internationale Gewerkschaftsorganisationen verfolgen – so eines der zentralen Erkenntnisse der Studie – eine Mehrebenenstrategie und vereinen dabei regionale, nationale und globale Identitäten. Das zentrale Integrationsmotiv sei dabei die Verbreitung liberaler demokratischer und ökonomischer Prinzipien innerhalb und jenseits des Nationalstaats gewesen, was die Autorin mit dem Begriff „labour liberalism“ charakterisiert. Dies bezog sich nicht allein auf die Arbeiterklasse (und hier sieht die Autorin den wesentlichen Unterschied zu nationalen Gewerkschaften), sondern generell auf das Leitbild einer sozialen und gerechten Gesellschaft – das liberale Moment konzentrierte sich vor allem auf den Glauben an den sozialen Fortschritt durch ökonomisches Wachstum und Freihandel. Interessant wäre hier gewesen, die Entstehung der zunehmenden Globalisierungsskeptik und -kritik seit den 70er-Jahren vergleichend einzubeziehen, die Studie endet allerdings mit der Auflösung der ERO 1969. Obwohl nicht eindeutig klar wird, inwiefern sich die Autorin in ihrer Argumentation von den von ihr als verkürzt kritisierten politischen Ansätzen abhebt, überzeugt ihre Studie mit einer detaillierten empirischen Analyse und stellt definitiv einen bedeutenden Baustein der Aufarbeitung der internationalen Gewerkschaftsgeschichte dar.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 4.3 | 2.22 | 2.65 | 2.61
Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Magaly Rodríguez García: Liberal Workers of the World, Unite? Oxford u. a.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/33720-liberal-workers-of-the-world-unite_40387, veröffentlicht am 16.06.2011.
Buch-Nr.: 40387
Inhaltsverzeichnis
Rezension drucken
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
CC-BY-NC-SA