Der Österreicher Lendvai blickt auf seine über fünf Jahrzehnte währende Tätigkeit als Auslandskorrespondent und Journalist zurück. Eingehend geht er auf die Jahre nach der ungarischen Revolution ein. In denen habe Österreich selbstlos unzählige Flüchtlinge aufgenommen. Diese Phase begründe auch die heute noch häufig idealisierte Sichtweise auf das Land, so der Autor. Sicher habe das Verhalten der österreichischen und anderer Regierungen auf dem Bewusstsein der Schuld im Zweiten Weltkrieg basiert. Die Aufnahme von Flüchtlingen sei somit eine Gelegenheit gewesen, Menschlichkeit und Solidarität zu beweisen. Auch wenn sich Österreich damals als vorbildhaft erwiesen habe, so sei das Bild der Menschen im In- und Ausland dennoch bis heute gespalten. Einerseits werde Österreich als „Insel der Seligen“ verherrlicht, andererseits als „Alpenfestung ehemaliger Nazis“ (20) beschrieben. Lendvai greift diese Bilder auf und legt seine Sicht der Dinge dar. Dabei geht er nicht nur auf längst vergangene Tage, sondern auch auf Ereignisse der jüngeren Geschichte ein. Er sei vielen bedeutenden Persönlichkeiten begegnet, wie etwa dem ehemaligen Bundeskanzler Bruno Kreisky, dessen Einsatz die sozialistische Partei in den 70er-Jahren zur führenden politischen Kraft werden ließ. Umso unverständlicher sei es aus heutiger Perspektive, dass Kreisky 1967 nur mit knapper Mehrheit die Wahl zum Parteivorsitzenden gewann. Gegenkandidat war damals Hans Czettel, der langjährige stellvertretende Landeshauptmann von Niederösterreich. Erst in einer Studie 2005 sei öffentlich bekannt geworden, dass dieser nicht nur Mitglied in der HJ, sondern auch in der NSDAP gewesen sei. Das Buch umfasst umfangreiche Einblicke in die politische Geschichte Österreichs, die anschaulich aus der Perspektive Lendvais beschrieben und durch persönliche Eindrücke ergänzt werden.