Wenige können von sich behaupten, nacheinander vier verschiedenen amerikanischen Präsidenten in diversen Funktionen und höchsten Regierungsämtern und noch dazu in so turbulenten Zeiten gedient zu haben. Allein dies macht die Autobiographie des ersten schwarzen Viersternegenerals und Vorsitzenden der Vereinten Stabschefs der amerikanischen Streitkräfte lesenswert. Colin Powell war Militärberater im Pentagon unter Carters Ägide, brachte es bis zum Nationalen Sicherheitsberater unter Reagan und Bush und wurde von letzterem schließlich zum höchstrangigen Soldaten der USA ernannt. Diese Funktion bekleidete er auch während der größten militärischen Operation der Vereinigten Staaten seit dem Vietnamkrieg, der Abwehr der irakischen Aggression gegen Kuwait. Vor wenigen Monaten war er sogar noch als aussichtsreicher Bewerber um die Präsidentschaft der USA im Gespräch. Seine Autobiographie bietet keine grundlegend neuen Interpretationen der Geschehnisse während seiner Amtszeiten, aber eine sehr gut geschriebene Darstellung der Entscheidungsabläufe im Weißen Haus und im Pentagon. Die besondere Perspektive eines Soldaten, der sich von Kampfeinsätzen in Vietnam über Kommandoverwendungen in der Armee bis hin in Positionen mit politischer Entscheidungsbefugnis hochgedient hat, ist dabei äußerst aufschlußreich. General Powell erweist sich als ein moderner, politisch denkender Offizier, der den Primat der Politik unbedingt beachtet und keineswegs "Haudegen"-Strategien nachhängt. Von den vielen Lehren, die General Powell aus seiner Karriere und insbesondere aus dem Vietnamkrieg gezogen hat, sticht eine immer wieder hervor: Militärische Gewalt darf nur dann eingesetzt werden, wenn es im wohldefinierten nationalen Interesse liegt, wenn klare politische Zielvorgaben bestehen und man bereit ist, die notwendigen Mittel bereitzustellen. Diese Botschaft ist im neuen internationalen System auch für die Bundesrepublik Deutschland aktuell.