Skip to main content
/ 22.06.2013
Moustafa Bayoumi (Hrsg.)

Mitternacht auf der Mavi Marmara. Der Angriff auf die Gaza-Solidaritäts-Flottille

Hamburg: LAIKA Verlag 2011 (Edition Provo 2); 361 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-942281-88-1
Am 31. Mai 2010 griffen israelische Truppen Schiffe der internationalen Gaza-Hilfsflottille an. Neun Passagiere starben. An Bord der Schiffe waren neben Friedensaktivisten auch einige bekannte Wissenschaftler und Journalisten, die Gaza öffentlich Hilfe leisten wollten, um die (ägyptisch-)israelische Blockade des schmalen Landstreifens zu brandmarken. Geeint durch eine kritische Position gegenüber der israelischen Außen- und Sicherheitspolitik verorten 50 namhafte, mitunter streitbare Autoren – Passagiere der Flottille, sympathisierende Journalisten, Nahost-Experten und Wissenschaftler wie z. B. Stephen M. Walt und Noam Chomsky – in meist sehr kurzen Beiträgen das Ereignis vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Eindrücke und Einschätzungen des Nahostkonflikts. Besondere Erwähnung verdienen u. a. die Aufsätze von Moshe Zuckermann, Sara Roy und Stephen Kinzer. Zuckermann zeigt, dass der Angriff auf die humanitäre Mission nur als das vorläufige Endergebnis einer fatalen pfadabhängigen Entwicklung verstanden werden könne, die den gesamten Nahostkonflikt bestimme und dazu geführt habe, dass sich die radikalen Kräfte auf beiden Seiten, die nationalreligiöse israelische Siedlerbewegung auf der einen und die fundamentalreligiöse Hamas auf der anderen, wechselseitig legitimierten. Sara Roy macht darauf aufmerksam, dass die Blockade Gazas nicht nur zu schwerwiegenden sozio-ökonomischen und hygienischen Missständen geführt habe, sondern auch neue Formen der Kriminalität wie Korruption und Schmuggelei katalysiere. Kinzer stellt die iranische und die israelische Außen- und Sicherheitspolitik gegenüber und kommt zu dem Ergebnis, dass die beiden Staaten zu „gleichwertigen Herausforderungen“ (293) für den Friedensprozess geworden seien, denen nur mit einem kooperativen, kreativen Aushandlungsprozess wirksam begegnet werden könne. Einige der Kurzbeiträge tendieren zu Skandalisierungen. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive besonders lesenswert sind jene, die sich wie jener Zuckermanns mit der Kontraproduktivität der israelischen Sicherheitspolitik auseinandersetzen.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.412.632.25 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Moustafa Bayoumi (Hrsg.): Mitternacht auf der Mavi Marmara. Hamburg: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/33790-mitternacht-auf-der-mavi-marmara_40475, veröffentlicht am 12.08.2011. Buch-Nr.: 40475 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
CC-BY-NC-SA