Diss. Graz. – Von der These ausgehend, dass Vergangenheitserzählungen stets das Ergebnis politischer Machtkonstellationen im öffentlichen Raum sind, zeichnet Wegan die französische und die österreichische Erinnerungspolitik an den Nationalsozialismus bis in die 60er-Jahre nach. Die Prämisse der Arbeit lautet: Obwohl die allgemeine Grundtendenz der Erinnerungspolitik sich „von einem pathetischen Patriotismus hin zu einer emotionalen Aufladung der Menschenrechte“ (345) entwickelte, vollzog sich dieser Wandel unter den jeweiligen nationalen Rahmenbedingungen. In der Gegenüberstellung des Heimkehr-, Befreiungs- und Widerstandsgedenkens veranschaulicht dies die Autorin. In Österreich dominierte die gegenüber dem Ausland vorgetragene Erinnerung an die Befreiung, was jedoch insofern inkonsistent blieb, als innenpolitisch die Heldenerinnerung im Mittelpunkt der Erinnerung stand. Dieser Widerspruch, der einerseits die demokratische Zuverlässigkeit Österreichs deutlich machen und andererseits die heimgekehrten Soldaten integrieren sollte, implizierte auch das verhinderte Gedenken an den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die französische Erinnerungskultur definierte sich dagegen vorrangig über die militärische Gegnerschaft zum Nationalsozialismus, womit jedoch die zivilen Opfer, die Deportierten, im nationalen Gedächtnisdiskurs ausgeschlossen wurden. Die Mängel in der jeweiligen nationalen Erinnerungskultur wurden durch die stärkere Betonung der (zivilen) Opfer des Nationalsozialismus zwar teilweise vermindert, nahmen aber eine landesspezifische Form an. In Österreich führte die Auflösung der patriotischen Erinnerungskultur dazu, dass jede Gruppe, selbst Wehrmachtssoldaten, den Opferstatus erreichen kann, in Frankreich bleibt eine solche Nivellierung jedoch undenkbar.