Der im Dezember 1995 gehaltene Vortrag thematisiert das Verhältnis der Rechtsordnung der Europäischen Union zum österreichischen und deutschen Recht. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Verfassungsentwicklung beider Rechtsordnungen in ihrem Verhältnis zur Europäischen Union. Zunächst ordnet der Autor die österreichische Sichtweise des Maastrichter Vertrags in die Kontinuität oder Diskontinuität europäischer Integration ein. Dann wird erörtert, ob Art. 9 Abs. 2 der Bundesverfassung, der von Art. 24 Abs. 1 des Grundgesetzes inspiriert ist, eine ausreichende Grundlage darstellt, um Kompetenzen auf die Gemeinschaft zu transferieren. Schließlich wird begründet, warum ein Referendum durchgeführt wurde und wie damit nicht nur die österreichische Verfassung geändert, sondern gleichzeitig einer materiellen verfassungsgerichtlichen Kontrolle entzogen wurde. Der Autor kommt zu dem Ergebnis, daß Gemeinsamkeiten der österreichischen und deutschen Rechtsordnung in den Grenzen der Ermächtigung zur Übertragung von Kompetenzen auf die Union liegen. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Grundgesetz und Bundesverfassung besteht jedoch darin, daß es eine dem deutschen Art. 79 Abs. 3 entsprechende Ewigkeitsgarantie in der österreichischen Verfassung nicht gibt. Auf die spezifische Problematik der österreichischen "immerwährenden" (28) Neutralität wird zum Schluß eingegangen. Funks Gesamtergebnis lautet, daß der Dualismus von staatlicher und europäischer Rechtsordnung weiterhin besteht. Zwar sind beide miteinander verschränkt, aber sie haben "keinen gemeinsamen Geltungsgrund" und "solange der Dualismus in den Grundbeziehungen aufrecht ist, bleibt das Gleichgewicht instabil" (33).