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/ 10.03.2016
Gerhard Klas / Philip Mader (Hrsg.)

Rendite machen und Gutes tun? Mikrokredite und die Folgen neoliberaler Entwicklungspolitik

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2014; 217 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-593-50112-3
Mikrokredite sind hierzulande mit dem Namen Muhammad Yunus verbunden, der mit der in Bangladesch ansässigen Grameen Bank derlei Hilfe zur Selbsthilfe an Kleinstunternehmer_innen vergab und so Rendite erzielen und Gutes zu tun versprach. Hierfür wurde er 2006 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. „Wir geben diesen Band heraus“, so Gerhard Klas und Philip Mader, „um ein Gegengewicht zur nach wie vor dominanten Darstellung der Mikrofinanzindustrie in ihren Werbeprospekten, Hochglanzbroschüren und Präsentationsfilmen zu bieten“ (10). Aus dezidiert neoliberalismuskritischer Perspektive geht es ihnen darum, über die Grundlagen und Wirkungen von Mikrokrediten aufzuklären und die durch sie verursachte Einbindung der Armen in die globale Finanzmaschinerie offenzulegen. Anstelle der Hilfe zur Selbsthilfe dienten nämlich Klein‑ und Kleinstkredite – „offiziell sind es Geldbeträge von umgerechnet bis zu mehreren Tausend Euro“ (13) – zum weit überwiegenden Anteil nicht der Etablierung eigener Geschäftstätigkeit, sondern dem Konsum. Möglichkeiten zur effektiven Rückführung der Schulden erwiesen sich häufig als äußerst zweifelhaft. Daniel Mertens unternimmt in seinem Beitrag den Versuch, den „neoliberalen Kontext der Mikrofinanz“ (151) aufzuschlüsseln. Dieser bestehe darin, im globalen Maßstab eine massive Verschärfung der Verschuldung von Privatpersonen vorbereitet zu haben. In Zeiten alternativloser Austeritätspolitik ziehe sich der Staat immer weiter aus seiner gesellschaftlichen Verantwortung zurück, sodass „die Individualisierung von sozialen Risiken mittels Finanzdienstleistungen“ (156 f.) diese Lücken fülle. Eine solche „neoliberale Entwicklungspolitik“ (133) sei, wie Heino Güllemann schreibt, nicht nur Ausdruck des Rückzuges moderner Wohlfahrtsstaatlichkeit, sondern zudem auch noch wenig erfolgreich. So zeigt Maren Duvendack, dass eine immer weiter um sich greifende „Finanzialisierung der Armut“ (159) letztlich für sich genommen die Armut nicht zu beseitigen vermag. Würden Mikrokredite nicht in ergänzende Strategien – etwa in die gezielte „Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen“ (41) – eingebunden, seien deren Effekte mehr als zweifelhaft. Aktuelle Forschungsarbeiten zur Thematik, so Duvendack weiter, seien größtenteils schon methodologisch so fragwürdig, dass sich daraus kaum weitere Schlüsse ableiten ließen, von der vergleichenden Analyse mit alternativen Finanzierungs‑ und Entwicklungshilfeleistungen ganz zu schweigen.
{LEM}
Rubrizierung: 4.444.434.45 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Gerhard Klas / Philip Mader (Hrsg.): Rendite machen und Gutes tun? Frankfurt a. M./New York: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39518-rendite-machen-und-gutes-tun_48067, veröffentlicht am 10.03.2016. Buch-Nr.: 48067 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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