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/ 22.01.2015
Lutz Holzinger / Clemens Staudinger

Schwarzbuch Raiffeisen

Wien: Mandelbaum Verlag 2013 (kritik & utopie); 236 S.; 3., erw. Aufl.; brosch., 16,90 €; ISBN 978-3-85476-622-3
Die zwei Journalisten Lutz Holzinger und Clemens Staudinger decken die politische und wirtschaftliche Macht der österreichischen Raiffeisengruppe auf. Mit ihren Nachforschungen begonnen haben sie für eine Reihe über das „Phänomen Raiffeisen“ (11) in der Wiener Straßenzeitung Augustin, aus der dann der mittlerweile in dritter Auflage erschienene Band entstanden ist. Im Kern der Darstellung steht die Entfremdung der Raiffeisengenossenschaften von „dem ursprünglichen Ziel, eine Selbsthilfeorganisation der Bauern zu sein und im Dienste aller Bauern zu stehen“ (45), wie sie auch schon Hans Weiss im Schwarzbuch Landwirtschaft (siehe Buch‑Nr. 39495) schilderte. Die Entstehung des mittlerweile größten Wirtschaftskonglomerats in Österreich lässt sich den Autoren zufolge nur über die starke Verflechtung des Verbands mit verschiedenen Wirtschaftszweigen und der Politik erklären. Die Entwicklung reicht von den Anfängen des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens im 19. Jahrhundert über die Ausbreitung lokaler Genossenschaftskassen und Warengenossenschaften bis zur Entstehung der nach eigenen Aussagen zweitgrößten Bankengruppe Österreichs, die außerdem als „führende Bankengruppe in vielen Ländern Zentral‑ und Osteuropas gilt“ (43). Über Beteiligungen und Tochterunternehmen ist der Verband außerdem in diversen weiteren Wirtschaftsbereichen tätig – Zucker, Milchprodukte, Versicherungen, Medien, Fremdenverkehr, Immobilien und vieles mehr – oder wie die Autoren es ausdrücken: „In Österreichs Wirtschaftskreislauf gibt es kaum einen Bereich, in dem Raiffeisen nicht zum Vorschein kommt, wenn man lang genug kratzt.“ (75) Monopolbildungen und Preisdiktat sind die Konsequenzen. Personelle Verflechtungen mit dem Österreichischen Bauernbund, der ÖVP und eine direkte Einbindung in die Organe der Landwirtschaftskammer bilden dabei die konkrete Grundlage für den politischen Einfluss der Raiffeisengruppe, zudem befinden sich in den Vorstandsreihen ihrer Gesellschaften diverse ehemalige Politiker. Mit vielen Beispielen belegen Holzinger und Staudinger die „Zusammenballung von wirtschaftlicher, institutioneller und politischer Macht“ (103), wobei eine bessere Strukturierung und weniger Redundanzen ihrer Darstellung gutgetan hätten. Die Forderung der Autoren nach externen Kontrollinstanzen ist angesichts all der unübersichtlichen Verbindungen nur allzu verständlich, deren Einführung allerdings ebenso unwahrscheinlich.
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Rubrizierung: 2.222.4 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Lutz Holzinger / Clemens Staudinger: Schwarzbuch Raiffeisen Wien: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/37981-schwarzbuch-raiffeisen_43775, veröffentlicht am 22.01.2015. Buch-Nr.: 43775 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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