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/ 10.12.2015
Stefania Del Monte

Staging Memory. Myth, Symbolism and Identity in Postcolonial Italy and Libya

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2015 (PL Academic Research); 133 S.; pb., 29,95 €; ISBN 978-3-631-66125-3
Kollektive Erinnerungen, Reinterpretationen, Identitäten und Mythen: Die Autorin Stefania Del Monte untersucht, wie Akteur_innen in Italien und Libyen auf die gemeinsame Kolonialgeschichte zurückblicken. Das Buch ist das Resultat eines Forschungsprojektes, das sie im Rahmen ihres Masterstudiums an der Royal Holloway University of London durchführte. Eingeleitet wird die Studie durch ein kurzes Vorwort des libyschen Autors und Historikers Muftah Al‑Sayyid Al Sharif. Dieser verweist darauf, dass der ehemalige libysche Diktator Muammar al‑Gaddafi die im Volk vorhandenen Aversionen gegen den ehemaligen Kolonialherrn Italien für seine eigenen Zwecke zu nutzen versuchte. So habe Gaddafi etwa den Mythos verbreitet, dass er als Kind von einer italienischen Mine verletzt worden sei. Del Monte teilt ihre auf Literaturauswertung basierende Studie in zwei Teile: Im ersten Part fokussiert sie die Perspektive Italiens, im zweiten die Libyens. Sie konstatiert, dass die eigene koloniale Vergangenheit in der italienischen Gesellschaft lange Zeit ausgeblendet worden sei. Viele Jahre habe sich die Legende gehalten, dass die Italiener in Afrika nicht als aggressive Invasoren, sondern als romantische Abenteurer aufgetreten seien. Diese Sichtweise habe sich in Filmen und Büchern manifestiert. Diese geschichtliche Debatte sei aber auch durch bewusste Zensur und politische Manipulation beeinflusst worden: Augenfälligstes Beispiel sei das italienische Verbot des 1979 im Auftrag von Libyens Regierung gedrehten Historienfilms „Lion of the Desert“ (53), der den Kampf des libyschen Widerstandskämpfers Omar Mukhtar gegen den Kolonialismus porträtiert. Del Monte analysiert den Film und weist im zweiten Teil des Buches darauf hin, dass Gaddafi bei seinem ersten Italienbesuch 2009 ein Bild von besagtem Widerstandskämpfer an seiner Uniform trug. Gaddafi habe einmal mehr bewiesen, dass er geschickt die Macht kolonialgeschichtlicher Symbole für seine populistischen Zwecke zu nutzen wusste. Die Autorin empfiehlt beiden Ländern, ihre gemeinsame Vergangenheit objektiver zu erforschen und aufzubereiten, um einen weiteren Missbrauch des Gedenkens an Eroberung und Widerstand zu vermeiden.
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Rubrizierung: 2.232.612.67 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Stefania Del Monte: Staging Memory. Frankfurt a. M. u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39181-staging-memory_47648, veröffentlicht am 10.12.2015. Buch-Nr.: 47648 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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