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/ 10.03.2016
Julia Metger

Studio Moskau. Westdeutsche Korrespondenten im Kalten Krieg

Paderborn: Ferdinand Schöningh 2016; 288 S.; kart., 39,90 €; ISBN 978-3-506-78192-5
Geschichtswiss. Diss. FU Berlin; Begutachtung: G. Pickhan, T. Lindenberger. – Kenntnisse über die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in anderen Ländern werden für einen Großteil der Bevölkerung über die Massenmedien vermittelt. Dies gilt besonders für eine Zeit wie diejenige des Ost‑West‑Konflikts, als das Reisen in die Staaten des jeweils anderen Machtblocks vielfach nur eingeschränkt möglich war. Julia Metger greift in ihrer instruktiven Studie ein besonders interessantes Themenfeld heraus, dem sich die Geschichtswissenschaft erst seit einigen Jahren widmet: Auf der Basis umfangreicher Archivrecherchen in Deutschland, Russland und den USA, der zeitgenössischen Publizistik sowie von Interviews mit beteiligten Akteuren untersucht die Autorin die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit westdeutscher Korrespondenten in Moskau und deren Rolle in den politischen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion. Dabei bezieht sie sowohl Print‑ (wie Hermann Pörzgen) als auch Fernsehjournalisten (etwa Gerd Ruge) ein. Zeitlich konzentriert sich Metger auf einen Abschnitt von der Mitte der 1950er‑ bis in die Mitte der 1970er‑Jahre, lässt somit das letzte Drittel der Ära Breschnew und die Perestroika außen vor. Die Darstellung spannt so einen Bogen von der Einreise der ersten Auslandskorrespondenten und deren Etablierung zunächst noch unter sowjetischer Vorzensur bis hin zur Entspannung der 1960er‑Jahre, der aufkommenden Dissidentenbewegung und dem KSZE‑Prozess. Bezugnehmend auf die Paradigmen einer New International History werden die Korrespondenten als Akteure informeller außenpolitischer Praktiken dargestellt, die unter anderem an „der Aushandlung und Umsetzung der Entspannungspolitik, der zielgerichteten Berichterstattung über Dissidenten [und] dem Schmuggel von Dokumenten ins Ausland“ (226) beteiligt waren. Zugleich wurde ihre Anwesenheit in Moskau selbst zum Verhandlungsobjekt der offiziellen Außenpolitik, für die sie wiederum zusätzlich zu den Diplomaten vielfach Kontakte herstellten. Insgesamt entsteht so eine „Geschichte des Kalten Krieges en miniature“ (235), die vielfache Anknüpfungspunkte für weitere Forschungen bietet.
{MUN}
Rubrizierung: 2.222.252.622.333 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Julia Metger: Studio Moskau. Paderborn: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39521-studio-moskau_48118, veröffentlicht am 10.03.2016. Buch-Nr.: 48118 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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