Dieser Band knüpft nahtlos an den ersten Teil der Gespräche mit dem Soziologen und politischen Aktivisten Boris Kagarlitzki an (siehe Buch‑Nr. 46151), der Grundton ist wieder durch eine äußerst kapitalismuskritische Haltung bestimmt. Kai Ehlers und sein Gesprächspartner durchstreifen die Entwicklung in Russland von 1997 bis 2012, auffällig ist erneut die schonungslose Wahrnehmung der Zustände. Kagarlitzki sieht die Gesellschaft in ihrer sozialen Struktur „eher einer der Dritten Welt“ (165) ähneln als der des westlichen Europas, die wirtschaftliche Entwicklung finde unter falschen Vorzeichen statt und stehe nicht einmal im Einklang mit den Zielen derjenigen, die politisch die Macht ausübten: „Das System der neoliberalen Reformen, das im Land installiert werden soll, steht im Widerspruch zu dem Bemühen der örtlichen Macht, Stabilität zu schaffen.“ (229) Putin, den Kagarlitzki als ein „Produkt der Revolution der Manager“ charakterisiert, und seine Leute hätten zudem keine Antworten auf zwei zentrale Fragen gefunden: „Erstens konnten sie die wirtschaftliche Entwicklung nicht unabhängig vom Öl machen.“ Und zweitens gebe es „keine Mechanismen für die Erneuerung“ des Landes angesichts vielfältiger struktureller wie infrastruktureller Probleme sowie „keine Anreize für die Entwicklung des inneren Marktes“ (240). Was als Voraussetzung zur Beantwortung dieser Fragen demnach fehlt, ist ein offener demokratischer Prozess – was nach Kagarlitzki aber nicht bedeutet, dass sich die Bevölkerung nicht einzumischen versucht, genannt werden immer wieder aufflammende Proteste im ganzen Land. Die Gespräche vermitteln einen kritischen Eindruck von der Situation im heutigen Russland, eine systematische Analyse liegt damit allerdings nicht vor.