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/ 02.06.2016
Wolfgang Kaleck / Miriam Saage-Maaß

Unternehmen vor Gericht. Globale Kämpfe für Menschenrechte

Berlin: Verlag Klaus Wagenbach 2016; 127 S.; 9,90 €; ISBN 978-3-8031-2748-8
Der Zusammenhang zwischen den wirtschaftlichen Aktivitäten von transnationalen Unternehmen und systematischen Menschenrechtsverletzungen erhielt in jüngerer Zeit, vor allem durch Katastrophen wie dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza im April 2013 mit über tausend Todesopfern, vermehrt öffentliche Aufmerksamkeit. Aus rechtspolitischer Perspektive ist er jedoch ein junger und unterbelichteter Themenkomplex. Mit diesem Buch legen der Autor und die Autorin – beide sind Direktoren der Menschenrechtsorganisation ECCHR – nun eine systematische Darstellung der Beziehung zwischen geltenden Menschenrechten und unternehmerischen Aktivitäten im Kontext aktueller juristischer Auseinandersetzungen und politischer Entwicklungen vor. Die Grundlage der Argumentation bildet die folgende Problematik: „Die international anerkannten Menschenrechte schützen die Menschen zwar normativ vor Wirtschaftsinteressen, im Rechtsvollzug spielen die politischen und wirtschaftlichen Machtverhältnisse jedoch eine entscheidende Rolle.“ (89) Gemeint ist damit die Tatsache, dass unternehmerische Aktivitäten – vor allem im sogenannten globalen Süden – zahlreiche Menschenrechtsverletzungen zur Folge haben, die, unter anderem auch in Kooperation mit verbrecherischen Regimen, von Umweltzerstörung über mangelhaften Arbeitsschutz bis hin zu Morden an Gewerkschaftern reichen. Die Katastrophe von Rana Plaza oder die seit Jahrzehnten andauernde Verseuchung des Niger‑Deltas durch die Ölförderung internationaler Unternehmen sind nur die prominentesten Beispiele. Das Autorenduo nennt zahlreiche Fälle aus seiner juristischen Arbeit mit Opferverbänden, die versuchen, juristisch und ökonomisch anerkannt und entschädigt zu werden. Deutlich wird dabei, wie schwierig ein juristisch gültiger Nachweis bestehender Tatbestände ist, da nationale wie internationale Rechtssysteme oft nur unzureichend mit den komplexen und vielgliedrigen Verantwortungsstrukturen in Unternehmen umgehen können. Die daraus resultierende Verantwortungsdiffusion begünstigt illegale Handlungen, da die Unternehmen juristisch nur schwer greifbar sind. Auch das Fehlen einer international verbindlichen Strafinstanz erschwert die Sanktionierung von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen. Die Autoren machen auf konzentrierte, differenzierte und sehr lesenswerte Weise deutlich, wie wichtig eine rechtspolitische Schließung dieser klaffenden Rechtslücken ist, nicht nur um die Geltung der Menschenrechte weiter zu fundieren, sondern auch um den Opfern die ihnen zustehende Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
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Rubrizierung: 4.424.434.44 Empfohlene Zitierweise: Martin Repohl, Rezension zu: Wolfgang Kaleck / Miriam Saage-Maaß: Unternehmen vor Gericht. Berlin: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/39734-unternehmen-vor-gericht_48367, veröffentlicht am 02.06.2016. Buch-Nr.: 48367 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken
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