Im Mittelpunkt steht die Frage: Ist es Europa gelungen, seine spezifische politische Kultur - den nationalen Machtstaat - flächendeckend in den Rest der Welt zu exportieren? Nach Lektüre der einzelnen Beiträge erweist sich die scheinbar offensichtliche Erfolgsgeschichte des europäischen Staates in der außereuropäischen Welt als äußerst fragwürdig. Vielmehr rücken Begriffe wie "Staatsversagen" oder sogar "Staatszerfall" in den Vordergrund. Reinhard kommt sogar zu dem Schluß, daß u. U. die besonders in Afrika beobachteten Auflösungserscheinungen der Staatsgewalt mit ähnlichen Phänomenen (z. B. in Europa) konvergieren und auf das Ende des modernen Staates in seiner vollentwickelten Form als "Totalstaat" hinauslaufen könnten. Inhalt: Wolfgang Reinhard: Moderne Staatsbildung - eine ansteckende Krankheit? (VII-XIV). Amerika: Jürgen Heideking: "Ableger" Europas oder historischer Neubeginn? Britisch-Amerika und die USA (1-18); Michael Riekenberg: Gewaltmarkt, Staat und Kreolisation des Staates in der Provinz Buenos Aires, 1775-1850 (19-36); Hans Werner Tobler: Die Entwicklung des mexikanischen Staates im 19. und 20. Jahrhundert (37-52); Peter Waldmann: Nachahmung mit begrenztem Erfolg. Zur Transformation des europäischen Staatsmodells in Lateinamerika (53-68). Süd- und Ostasien: Dietmar Rothermund: Der Strukturwandel des britischen Kolonialstaats in Indien 1757-1947 (69-86); Gita Dharampal-Frick: Das unabhängige Indien: Visionen und Realitäten (87-111); Wolfgang Schwentker: Staatliche Ordnungen und Staatstheorien im neuzeitlichen Japan (113-131); Jürgen Osterhammel: China vor 1949: Widerständigkeit und selektive Übernahmen (133-152); Xuewu Gu: Neue politische Eliten und Staatsbildung in China nach Deng Xiaoping (153-163). Islamische Welt: Gudrun Krämer: Moderner Staat, kolonialer Staat? Ägypten und der Fruchtbare Halbmond (165-188); Jamil M. Abun-Nasr: Der Staat im Maghrib und seine Entwicklung nach 1830 (189-205); M. Reza Fariborz Hamzeh'ee: Das Modell Iran - zwischen säkularem Staat und Gottesstaat (207-221). Afrika südlich der Sahara: Trutz von Trotha: Über den Erfolg und die Brüchigkeit der Utopie staatlicher Herrschaft. Herrschaftssoziologische Beobachtungen über den kolonialen und nachkolonialen Staat in Westafrika (223-251); Albert Wirz: Körper, Kopf und Bauch. Zum Problem des kolonialen Staates im subsaharischen Afrika (253-271); Christoph Marx: Zimbabwe: Von der Siedlerherrschaft zum Nationalstaat (273-301); Chris Tapscott: State Formation in Post-Apartheid South Africa (303-316). Zusammenfassung: Wolfgang Reinhard: Geschichte der Staatsgewalt und europäische Expansion (317-356); Harald Haury: Protokoll der Stellungnahmen zu Kolloquium und Abschlußvortrag (357-366).