/ 03.06.2013
Robert S. McNamara / Brian VanDeMark
Vietnam. Das Trauma einer Weltmacht
Hamburg: Spiegel-Buchverlag 1996; 509 S.; 2. Aufl.; geb., 49,80 DM; ISBN 3-455-11139-4Robert McNamara, Verteidigungsminister der USA von 1961 bis 1968 rechnet fast dreißig Jahre nach seiner Amtszeit mit seinem Engagement sowie dem anderer führender Politiker in Vietnam ab. Er verließ dabei nicht nur auf seine Erinnerungen, sondern recherchierte zusammen mit seinem Co-Autor in verschiedensten Archiven und Bibliotheken.
Einleitend beschreibt der Autor auf gut dreißig Seiten seinen Lebensweg bis zum Eintritt in die Regierung Kennedy. Es folgen neun Kapitel, die die Stationen des Vietnamkriegs (inklusive damit verknüpfter innenpolitischer Ereignisse und Probleme) behandeln. Im Abschlußkapitel zieht der Autor "Die Lehren aus Vietnam" (407). Der Anhang enthält eine Übersichtskarte von Vietnam sowie eine elfseitige Darstellung McNamaras "Über die Gefahr eines Atomkriegs in den sechziger Jahren und die Lehren daraus für das 21. Jahrhundert". Hilfreich sind die kurzen biographischen Angaben zu Personen, die in diesem Buch eine Rolle spielen, das Abkürzungsverzeichnis und vor allem das Register.
McNamara schildert und erläutert detailliert die Ereignisse, Entwicklungen und Entscheidungen, die zum Krieg und zu seiner Eskalation geführt haben. Über das rein Außenpolitische hinaus behandelt er auch innenpolitische Entwicklungen und Beschlüsse in ihrer Relevanz für den Vietnamkrieg (z. B. die Öffentlichkeitsmeinung, die Tonking-Resolution und die Wahl von 1964).
Der Autor spart nicht mit Eigenkritik und Kritik, wenn es um Entscheidungen geht, die sich im nachhinein als falsch herausgestellt haben. Er bemüht sich dabei, dem Leser zu verdeutlichen, warum die USA in Vietnam scheitern mußten. U. a. wird wiederholt darauf hingewiesen, daß sämtliche Entscheidungsträger viel zu wenig über das Land und die Geschichte Vietnams selbst wußten (und es außerdem kaum Vietnamkenner gab, die als Berater hätten fungieren können). Dieser Mangel stellte sich - so McNamara - angesichts der geradezu als Naturgesetz hingenommenen Dominotheorie als fatal heraus. Außerdem seien viele Entscheidungen in ihren Auswirkungen und möglichen Nebeneffekten nicht konsequent zu Ende gedacht worden sowie alternative Vorgehensweisen nicht so gründlich wie möglich erwogen und analysiert worden. Letzteres sieht McNamara als einen Fehler, den er sich vor allem auch selbst zuschreibt - dies besonders, weil er als Unternehmensberater bei Ford Entscheidungsträger stets zu konsequenter Analyse gezwungen habe.
Dieses Buch macht in beeindruckender Weise deutlich, welche Widersprüche, Dilemmata, Eitelkeiten und Ignoranz, welcher Mangel an Wissen, Informationen sowie auch an Kommunikationsbereitschaft (v. a. mit der Sowjetunion) zu dem jahrelangen Krieg in Vietnam geführt haben.
Inhalt: 1. Mein Weg nach Washington. 9. Juni 1916 - 20. Januar 1961; 2. Die frühen Jahre. 19. Januar 1961 - 23. August 1963; 3. Der schicksalhafte Herbst 1963. 24. August - 22. November 1963; 4. Eine Zeit des Übergangs. 23. November 1963 - 29. Juli 1964; 5. Die Tonking-Resolution. 30. Juli - 7. August 1964; 6. Die Wahl von 1964 und die Folgen. 8. August 1964 - 27. Januar 1965; 7. Die Entscheidung zur Eskalation. 28. Januar - 28. Juli 1965; 8. Bombardierungspause zu Weihnachten - Ein erfolgloser Versuch, Verhandlungen in Gang zu bringen. 29. Juli 1965 - 30. Januar 1966; 9. Die Schwierigkeiten nehmen zu. 31. Januar 1966 - 19. Mai 1967; 10. Entfremdung und Abschied. 20. Mai 1967 - 29. Februar 1968; 11. Die Lehren aus Vietnam; Anhang.
Petra Beckmann-Schulz (Bm)
Dr., Politikwissenschaftlerin.
Rubrizierung: 4.22 | 4.41 | 2.64
Empfohlene Zitierweise: Petra Beckmann-Schulz, Rezension zu: Robert S. McNamara / Brian VanDeMark: Vietnam. Hamburg: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/1417-vietnam_1601, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 1601
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Dr., Politikwissenschaftlerin.
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