/ 22.06.2013
Andreas Bodemer
Vom Anspruch zur Wirklichkeit. Internationale Gewerkschaftsrechte in Argentinien und Chile
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Studien zu Lateinamerika 4); 275 S.; 49,- €; ISBN 978-3-8329-5294-5Diss. FU Berlin; Gutachter: S. Mielke, M. Braig. – Obwohl Argentinien und Chile zu den Gründungsmitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zählen und sich schon 1919 zur Einhaltung der Kernarbeitsrechte verpflichtet haben, werden dort internationale Gewerkschaftsrechte bis heute teilweise massiv verletzt. Diese und insgesamt das internationale Arbeitsrecht sind durch die IAO stark kodifiziert. Die IAO verfügt über ein ausdifferenziertes Instrumentarium, um die Regeln durchzusetzen. Es wird von der Wissenschaft immer wieder als Paradebeispiel für ein effektives System der Regelbefolgung (Bodemer spricht vom Compliance-Management-System) herangezogen, allerdings sieht es keine Möglichkeiten zur Sanktionierung von Nichtbefolgung (Noncompliance) vor. Der IAO fehlen Zwangsmechanismen. Ist sie dennoch zur Durchsetzung von Recht imstande? Bodemers These lautet, dass Staaten, die IAO-Konventionen verletzen, auch ohne Zwangsmaßnahmen zum regelkonformen Verhalten bewegt werden können, da sie auf moralischen Druck, der über nationale, internationale und transnationale Akteure aufgebaut wird, reagieren. Diese These überprüft er am Beispiel der genannten zwei Länder und konstatiert, dass Argentinien und Chile sich zwar dem Instrumentarium der IAO unterworfen haben, Anspruch und Wirklichkeit der nationalen Politiken klafften jedoch weit auseinander. Dennoch lasse sich ein deutlicher Einfluss der IAO in Geschichte und Gegenwart der beiden Länder nicht verkennen. Am nachhaltigsten habe sich der Einfluss der IAO unter den vermeintlich schwersten Bedingungen, nämlich während der Militärdiktaturen gezeigt, so der Autor, denn es sei ein umfangreicher internationaler Druck aufgebaut worden: „Die IAO fuhr ihr komplettes Instrumentarium von Untersuchungskommissionen [...] bis zur direkten Unterstützung der Opposition auf.“ (249) Daraufhin habe sich die Menschenrechtssituation in beiden Ländern verbessert. Insgesamt habe sich gezeigt, dass die IAO „einen wichtigen Beitrag leisten kann zur Regulierung und Regeldurchsetzung auf dem Gebiet des Völkerarbeitsrechts“ (251).
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.65 | 2.22 | 4.3 | 4.43
Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Andreas Bodemer: Vom Anspruch zur Wirklichkeit. Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/32342-vom-anspruch-zur-wirklichkeit_38589, veröffentlicht am 25.01.2011.
Buch-Nr.: 38589
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Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
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