Die Krise der westlichen Wohlfahrtsstaaten wird in einer eher von "Linken" eingenommenen Perspektive auf die zunehmende Globalisierung zurückgeführt, in deren Folge Nationalstaaten genötigt sind, sich durch Deregulierung und Sozialstaatsabbau Konkurrenzvorteile zu verschaffen. Demgegenüber sehen die Autoren den unbestreitbaren Reformdruck primär durch interne Konstruktionsprobleme unterschiedlicher wohlfahrtsstaatlicher Arrangements verursacht, die im Lichte der Globalisierung nur deutlicher hervortreten (12, 39 ff.). Ihr thematisches Interesse gilt deshalb dem Ausloten eines "experimentellen" Wohlfahrtsstaatsdesigns, das vor allem zwei innovative Elemente - einerseits den seine Adressaten aktivierenden Sozialstaat, andererseits die Integration von Ökonomie und Sozialpolitik - miteinander verbindet (196 ff.). Die Zukunft des Wohlfahrtsstaates wäre dann an die Fähigkeit der beteiligten Akteure gebunden, durch politisch-institutionelle Kreativität die historische "Pfadabhängigkeit" der drei etablierten - liberalen, konservativen, sozialdemokratischen - Wohlfahrtsstaatsregime (Esping-Andersen) zu verlassen. Den Autoren ist es gelungen, eine sehr aktuelle politische Diskussion darzustellen, ohne den Anschluß an den Stand der sozialwissenschaftlichen Debatte aus den Augen zu verlieren. Darüber hinaus ist das Buch durch Aufbau, Formulierung und zahlreiche Illustrationen textlicher oder tabellarischer Art auch für ein Publikum jenseits der Fachwissenschaften informativ und gut lesbar. Ein wenig getrübt wird dieser Eindruck durch die nicht durchgehend aktualisierten quantitativen Angaben (etwa hinsichtlich der EU-Strukturpolitik) und den zu knappen und damit nicht ganz verständlichen methodischen Exkurs (138 ff.). Inhaltsübersicht: I. Der Wohlfahrtsstaat in der Krise: Konzepte, Analysen und Trends: 1. Zum Begriff des Wohlfahrtsstaates; 2. Beständigkeit und Veränderung; 3. Aktuelle Diagnosen aus den Sozialwissenschaften; 4. Empirische Herausforderungen und Trends in Deutschland; 5. Sozialpolitik unter dem Druck der Globalisierung? II. Positionen von Parteien und Verbänden in Deutschland: 1. Christlich-Demokratische Union/Christlich-Soziale Union Deutschlands (CDU/CSU); 2. Freie Demokratische Partei (FDP); 3. Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD); 4. Bündnis 90/Die Grünen; 5. Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS); 6. Gewerkschaften; 7. Arbeitgeberverbände; 8. Kirchen und Wohlfahrtsverbände; 9. Reformergebnisse: Abbau, Umbau oder Stau?: 9.1 Rentenversicherung; 9.2 Gesundheitswesen; 9.3 Pflege; 9.4 Arbeitsmarkt; 9.5 Sozialhilfe. III. Internationale Reformdebatten in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik: 1. Der Vergleich verschiedener Wohlfahrtsstaaten: Grundfragen und Ansätze; 2. Neuseeland und USA als Vorbilder für die Zukunft des liberalen Wohlfahrtsstaates?; 3. Niederlande: eine konsensorientierte Sanierungs-Strategie; 4. Dänemark: Ein skandinavischer Wohlfahrtsstaat im Schatten des großen Nachbarn Schweden; 5. Neue Optionen der Linken? Zwei Alternativen; 6. Ländervergleiche: Erklärung und Einordnung von Reformstrategien. IV. Neue Strategien und politisch-institutionelle Rahmenbedingungen in Deutschland: 1. Bedingungen und Chancen einer Reform-Politik des Wohlfahrtsstaates; 2. Grundeinkommen und Grundsicherung als alternativer Königsweg? 3. Auf dem Weg zu einem neuen Wohlfahrtsmix? 4. Der experimentelle Wohlfahrtsstaat: Bewahren und Bewegen: 4.1 Aktivierung und Integration von Ökonomie und Sozialpolitik als Elemente einer Reformstrategie; 4.2 Handlungsmöglichkeiten jenseits des Nationalstaats: Beispiele für interessante wohlfahrtsstaatliche Politiken im Bundesstaat; 4.3 Exkurs zur Rolle der Europäischen Union; 4.4 Neue Akteure und künftige Konfliktlinien im Wohlfahrtsstaat; 4.5 Anreize, Pflichten und Rechte: Ansätze im Ausland; 4.6 Auf den Pfaden des experimentellen Wohlfahrtsstaates.