/ 21.06.2013
Thomas Hofer / Barbara Tóth (Hrsg.)
Wahl 2006. Kanzler, Kampagnen, Kapriolen. Analysen zur Nationalratswahl
Wien/Berlin: Lit 2007; II, 198 S.; brosch., 24,90 €; ISBN 978-3-8258-0147-2Den Herausgebern ist es wie beabsichtigt gelungen, eine „publizistische Lücke zwischen qualitativer, tages- und wochenaktueller Berichterstattung und den meist um einiges später erscheinenden wissenschaftlichen Standardwerken“ zu schließen. Journalisten, Politikwissenschaftler, Wahlkampfanalysten, Meinungsforscher sowie Wahlkampf-Akteure aus den Parteien bieten „Innen- wie Außenansichten zum Nationalwahlkampf des Jahres 2006“ (1). Sie fragen unter anderem, ob es sich tatsächlich um den schmutzigsten Wahlkampf in Österreich seit 1945 gehandelt hat oder ob die österreichische Innenpolitik wirklich immer amerikanischer wird. Diesen einem bewusst oberflächlichen Eindruck geschuldeten Fragen folgen prägnante Analysen, die Aufschlüsse über diese Wahl hinaus bieten. So wurde der Wahlkampf geprägt durch die „am besten orchestrierte moderne Negativkampagne in Österreich“ (29) durch die SPÖ, wie der Wahlkampfanalyst Hofer schreibt. Sein Beitrag sowie der des SPÖ-Kommunikationschefs Kalina lesen sich wie ein Leitfaden für einen modernen erfolgreichen Wahlkampf. Die SPÖ unter Gusenbauer schaffte es – mit professioneller Beratung – mit über für die ÖVP verbreitete negative Meldungen und Meinungen Teile von deren Wählern zu demobilisieren und eigene Wähler zu mobilisieren. Bestandteil der eigenen Erfolgsstrategie war außerdem, in Krisensituationen und bei Angriffen durch den politischen Gegner schnell und argumentativ kraftvoll zu reagieren. Vorbild für die SPÖ-Kampagne war der Wahlkampf von Clinton 1992, erfolgreich kopiert bis hin zu einem Werbespot, in dem sogar die Schreibtischlampe an der gleichen Stelle stand. Die ÖVP, überzeugt von ihrer Wiederwahl, hatte dieser Strategie wenig entgegenzusetzen, wie sich auch im Beitrag ihres politischen Direktors Pichl zeigt. Aufschlussreich sind auch die übrigen Beiträge, unter anderem von der Journalistin Rohrer, die kritisch über den Hang Konservativer schreibt, „Realitäten nicht zur Kenntnis zu nehmen“ (93). Sie beklagt zudem, dass in diesem Wahlkampf „aus parteipolitischem Kalkül der Verluderung der politischen Sitten Vorschub geleistet wurde“ (95).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.4 | 2.22
Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Thomas Hofer / Barbara Tóth (Hrsg.): Wahl 2006. Wien/Berlin: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/28541-wahl-2006_33633, veröffentlicht am 07.04.2008.
Buch-Nr.: 33633
Inhaltsverzeichnis
Rezension drucken
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
CC-BY-NC-SA