/ 04.06.2013
Ludger Helms
Wettbewerb und Kooperation. Zum Verhältnis von Regierungsmehrheit und Opposition im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien und Österreich
Opladen: Westdeutscher Verlag 1997 (Studien zur Sozialwissenschaft 191); 238 S.; kart., 52,- DM; ISBN 3-531-13053-6Politikwiss. Diss. Heidelberg; Erstgutachter: K. v. Beyme. – Die Kernfrage lautet, aus welchen Gründen jeweils kooperative oder kompetitive Verhaltensmuster zwischen Regierungsmehrheit und Opposition im politischen Entscheidungsprozeß vorherrschen. Ist die empirische Seite bisher nur "erstaunlich lückenhaft erforscht" worden (13), formuliert Helms einige theoretische Hypothesen über das Wechselspiel der beiden Akteure. Nach der "Kooperationshypothese" arbeiten sie zunehmend zusammen, jedoch aus unterschiedlichen Motiven, woraus sich Varianten dieser Hypothese ergeben. Die "Institutionalisten" dagegen sehen das Handeln der Akteure vor allem durch den institutionellen Rahmen geprägt (45 ff.). Um den Erklärungswert dieser Ansätze zu bestimmen, gibt der Autor zunächst einen Überblick über die institutionellen Gegebenheiten in Großbritannien, Deutschland und Österreich, insbesondere über die Gesetzgebungsverfahren. Dieser bildet den Bezugsrahmen für die Untersuchung von jeweils drei Gesetzesprojekten aus den achtziger Jahren. Dabei handelt es sich um weitreichend gestaltende, hochgradig umkämpfte "Schlüsselgesetze", die auch in Hinblick auf das Politikfeld strukturell hinreichend vergleichbar sind und das Gemeinwesen, aber nicht die Entscheider selbst betreffen (119 ff.).
Nach der Hypothese des institutionellen Ansatzes dürfte es eine Kooperation zwischen Regierungsmehrheit und Opposition in Großbritannien fast überhaupt nicht geben, in Österreich nur teilweise und in Deutschland in extrem hohem Maße. Diese Hypothese bestätigt sich nicht: Helms stellt fest, daß in Großbritannien sehr wohl auch kooperative Interaktionen vorkommen, obwohl die Opposition dort keine substantiellen Mitwirkungsrechte besitzt. In Österreich gab es deutlich mehr kooperatives Verhalten, während es in Deutschland am schwächsten ausgeprägt war. Da somit auch nicht von einem durchgehend kooperativen Verhalten in den drei Ländern die Rede sein kann, wie nach der Kooperationshypothese erwartet, scheitern letztendlich beide Hypothesen (199 ff.). Helms möchte sie jedoch nicht generell falsifizieren. Er hat Bedenken hinsichtlich der Repräsentativität des Zeitraums, aus dem die Fallstudien gewählt wurden, und wegen der anderen, nicht erfaßten Faktoren, die das Handeln der Regierungsmehrheit und Opposition beeinflussen, z. B. die unterschiedlichen politisch-kulturellen Grundorientierungen der Bevölkerung, die jeweilige Konstellation der Fraktionen im Parlament usw. Trotz dieser gerechtfertigten Einschränkung erscheint Helms methodischer Ansatz jedoch geeignet, um Impulse für weitere Untersuchungen in diesem Bereich zu geben.
Inhaltsübersicht: I. Hauptteil (systematisch-allgemeiner Teil): 1. Regierungsmehrheit und Opposition als Gegenstand sozial- und rechtswissenschaftlicher Forschung; 2. Chancenprofile parlamentarischer Opposition im Vergleich (Fallauswahl); 3. Die formal-rechtliche Dimension des Gesetzgebungsverfahrens in den Parlamenten der Bundesrepublik Deutschland, Großbritanniens und Österreichs. II. Hauptteil (empirisch-analytischer Teil): 1. Methodischer Zugang, Untersuchungszeitraum und Auswahl des empirischen Materials; 2. Fallstudien zu ausgewählten Gesetzgebungsprozessen in der Bundesrepublik Deutschland, Großbritannien und Österreich.
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.21 | 2.321 | 2.61 | 2.4
Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Ludger Helms: Wettbewerb und Kooperation. Opladen: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/5185-wettbewerb-und-kooperation_6809, veröffentlicht am 01.01.2006.
Buch-Nr.: 6809
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M. A., Politikwissenschaftler.
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