/ 03.06.2013
Ulrich Herbert
Arbeit, Volkstum, Weltanschauung. Über Fremde und Deutsche im 20. Jahrhundert
Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag 1995; 272 S.; 26,90 DM; ISBN 3-596-12648-7Der Untertitel "Über Fremde und Deutsche im 20. Jahrhundert" bezeichnet das gesellschaftliche Spannungsverhältnis, mit dessen Untersuchung sich die in diesem Band versammelten Einzelstudien befassen. Ideologische Argumentationsmuster, wirtschaftliches Nützlichkeitsdenken und typische Beispiele aus der politischen Praxis im Umgang mit "Fremden" bzw. "Nichtdeutschen" bilden die Leitmotive der Darstellung, die nicht zuletzt die kontinuierliche Entwicklung der betreffenden Einstellungen und Verhaltensweisen in der deutschen Gesellschaft nachzuzeichnen sucht. Analysiert werden dazu unterschiedliche soziale Schichten und Milieus in verschiedenen Phasen der deutschen Geschichte in diesem Jahrhundert. Für die Zeit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs sind das die "völkische Studentenbewegung" der zwanziger Jahre, die Durchsetzung eines "wissenschaftlichen" Antisemitismus in den Kultureliten, der Einsatz von Fremdarbeitern in der deutschen Kriegswirtschaft und schließlich das Verhalten von Zwangsarbeitern bis in den aktiven Widerstand. Für die Zeit nach 1945 werden insbesondere die Entschädigungspraxis in der Bundesrepublik und der Umgang mit der NS-Vergangenheit in der DDR behandelt. Der letzte Beitrag versucht, einen Bogen von der erstmaligen Anwerbung von Saisonarbeitern gegen Ende des 19. Jahrhunderts bis zu den jüngsten Debatten über Asyl und Immigration zu ziehen und so "die Vorgeschichte einer aktuellen Diskussion" (213) im Zusammenhang zu erörtern. Hier macht der Autor noch einmal die beiden prinzipiellen Fragen deutlich, die seinen Studien ihre grundsätzliche Perspektive geben: Wie bestimmt die Beurteilung von Leistungsfähigkeit und wirtschaftlichem Nutzen der Fremden als "Arbeiter" den Wert des einzelnen als hauptsächlich ökonomische Größe? Und wie ist, unter Voraussetzung dieser Sichtweise, die feststellbare Definition dessen, was als "fremd" bzw. "deutsch" gelten soll, zu verstehen und einzuschätzen?
Michael Hein (HN)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
Rubrizierung: 2.35 | 2.37 | 2.312 | 2.313 | 2.311
Empfohlene Zitierweise: Michael Hein, Rezension zu: Ulrich Herbert: Arbeit, Volkstum, Weltanschauung. Frankfurt a. M.: 1995, in: Portal für Politikwissenschaft, https://www.pw-portal.de/rezension/2389-arbeit-volkstum-weltanschauung_3064, veröffentlicht am 25.06.2007.
Buch-Nr.: 3064
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Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
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