Klee kehrt auf ein Terrain zurück, daß er vor über einem Jahrzehnt mit seiner "Euthanasie"-Trilogie bereits bereichernd bearbeitet hatte. Diesmal liegt der Schwerpunkt auf dem beklemmenden Thema der nationalsozialistischen Menschenversuche und grausiger medizinischer Experimente. Anhand etlicher detaillierter Beispiele zeigt Klee einmal mehr den amoralischen, naiven Forscherdrang vieler Wissenschaftler auf, der - da er nun einmal möglich war - keine ethischen Grenzen mehr kannte. Von darüber hinausgehender Bedeutung ist Klees akribische Darstellung der Komplizenschaft von Pharmaindustrie und Wirtschaftsunternehmen bei den bestialischen Versuchen auf der einen Seite, die finanzielle Trägerschaft vieler Projekte durch die deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (heute Max-Planck-Gesellschaft) auf der anderen Seite. Daß diese beiden Institutionen über die Mittäterschaft bislang kaum Rechenschaft abgelegt haben, wird von Klee ebenfalls erwähnt. Ein gesondertes Kapitel ist den Menschenversuchen gewidmet, die im Auftrag der Wehrmacht in Auschwitz durchgeführt wurden. Die hier versammelten Quellen sind im Kontext der virulenten Debatte um die Verbrechen der Wehrmacht relevant. Zusätzlich ausgestattet mit einem über 20seitigen Personenregister liegt hier eine wertvolle und unverzichtbare Dokumentation einer weitverzweigten Tätergruppe vor, die - auch darauf hinzuweisen, ist schon lange ein Hauptanliegen Klees - nach 1945 noch ungeschorener davon kam als andere Täter. "Auschwitz war die Hölle für die Häftlinge und der Himmel für die Forschung, die sich hemmungslos des 'Menschenmaterials' bediente" (491), so das Resümee des Autors.