Geschichtswiss. Diss. FU Berlin; Erstgutachter: W. P. Adams. - Der Grad an Aktualität, den manche rein historische Werke an sich tragen, muß oftmals verblüffen. Die vorliegende Dissertation ist ein solcher Fall. Differenziert und kenntnisreich untersucht der Autor ein nicht nur damals und nicht nur in den USA aktuelles Thema. Entgegen der verbreiteten Ansicht, in der Amerikanisierungsbewegung ausschließlich nativistische Fremdenfeindschaft zu vermuten, zeichnet er für die Anfänge der Bewegung ein nuanciertes Bild, das den amerikanischen Missionseifer, sozialreformerische Ideen, die divergierenden, aber doch auch wieder konvergierenden Interessen von Industrie und Gewerkschaften, und nicht zuletzt die Vorstellungen bereits etablierter Gruppen von Einwanderern berücksichtigt. Alle diese Akteure waren aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Methoden daran interessiert, Neueinwanderer schnellstmöglich in die amerikanische Gesellschaft zu integrieren, was in der Praxis vor allem über das Erlernen der neuen Sprache ablief. Herrmann geht den unterschiedlichen Erfolgen verschiedener programmatischer Ansätze nach, und er zeigt die Wandel auf, die in der ersten Kriegszeit, nach Kriegseintritt der USA und nach Beendigung des Krieges erfolgt sind. Zunehmend wird der Nationalismus, der sich nach dem Krieg in einer hysterischen Radikalen-Jagd überschlug, ein konstitutives Element der Amerikanisierungsbestrebungen. Eine Lokalstudie zu Cleveland, einer Stadt mit sehr hohem Immigranten-Anteil, und eine Betrachtung der zeitgenössischen sozialwissenschaftlichen Untersuchungen zur Amerikanisierungsbewegung runden die Studie ab. Mit diesem ersten Band einer neuen Schriftenreihe hat das unbestrittene Zentrum der deutschen USA-Forschung, das John F. Kennedy-Institut in Berlin, einen verheißungsvollen Auftakt gefunden, der die weiteren Bände mit Spannung erwarten läßt. Inhaltsübersicht: 1. Sozialreform versus Einwanderungsbeschränkung: Diskussionen um die "Neuen" Einwanderer vor 1915; 2. Nationalismus: Der Auftakt der Amerikanisierungsbewegung 1915-1917; 3. Die Institutionalisierung der Amerikanisierungsbewegung nach dem Kriegseintritt der USA; 4. Die Nachkriegszeit: Red Scare und professionelle Amerikanisierung; 5. Amerikanisierung und Amerikanisierungsbewegung in Cleveland; 6. Demokratische Amerikanisierung und ethnischer Pluralismus.